Nur 17 Zentimeter lang und maximal 45 Gramm schwer. Der Vogel des Jahres 2022 mag klein und unscheinbar sein, doch er ist einer der besten und ausdauerndsten Sänger unserer Vogelwelt. Minutenlang flattert die Feldlerche im Frühling über den Feldern und Wiesen und beglückt uns mit ihrem fast pausenlosen Gesang. Mit den jubilierenden Strophen versuchen die Männchen ein Weibchen zu gewinnen. Schon Shakespeare wusste von den Gesangskünsten der Feldlerche und hat ihr in seinen Stücken ein Denkmal gesetzt: «Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang» heisst es in dem berühmten Werk von Romeo und Julia.
Die Feldlerche lebt als Bewohnerin offener Agrarlandschaften seit Jahrhunderten eng mit dem Menschen zusammen. Seit einigen Jahrzehnten ist sie jedoch durch die fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft stark bedroht. Als Stellvertreterin für viele weitere bedrohte Arten des Kulturlandes steht die einst häufige Art für eine dringend nötige Neuausrichtung der Agrarpolitik. Vor allem aus diesem Grund hat BirdLife Schweiz die Feldlerche nun zum Vogel des Jahres 2022 gewählt.
Die Feldlerche brütet am Boden in Wiesen und Äckern. Nach dem Legen der Eier dauert es gerade mal 12 Tage bis die Jungen geschlüpft sind und nach weiteren 7 – 12 Tagen das Nest verlassen. Das ist Rekord und die kürzeste Nestlingszeit unter den hiesigen Singvögeln. Doch selbst diese Anpassung ans Kulturland reicht heute nicht mehr aus, um erfolgreich brüten zu können. Weder findet die Feldlerche ei¬nen sicheren Brutplatz noch ausreichend Insekten und Spinnentiere als Nahrung. Wiesen werden heute zu stark gedüngt und bis zu 7-mal pro Jahr gemäht, sodass nur noch wenige Insekten überleben können und die Feldlerche immer öfters den Mähmaschinen zum Opfer fällt.

Die Feldlerche hat die kürzeste Nestlingszeit unter den hiesigen Singvögeln. Dennoch werden viele Nester vom Trakor überfahren. Foto: Shutterstock / BirdLife
Wie besorgniserregend schnell die Bestände der Feldlerche derzeit abnehmen, zeigt ein Blick auf die Populationsentwicklung im Kanton Zürich. «1977 wurden dort noch 2900 Reviere gezählt. 2017 waren es nur noch 235», erklärt Martin Schuck, Leiter Artenförderung bei BirdLife Schweiz.
Weitere Infos zur Feldlerche und einen kurzen Dokfilm gibt es hier.