Die Volksinitiative Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung will Tabakwerbung überall dort verbieten, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können. Einzig an Orten, an denen Minderjährige keinen Zugang haben, wäre sie weiterhin erlaubt. Gegner*innen befürchten, dass ein solches Werbeverbot grossen wirtschaftlichen Schaden anrichten würde und argumentieren, dass die Vorlage zu extrem sei.
Es gäbe unter anderem eine Studie aus dem Jahre 2008 der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde, welche belege, dass ein komplettes Werbeverbot von Tabakprodukten tatsächlich zu einer Reduktion des Tabakkonsums führen würde, erklärt Bernhard Kobel, Kommunikationsberater und Dozent für Markenpsychologie an der Fernfachhochschule Schweiz.
Er weist jedoch auch auf die Wichtigkeit von Werbung in unserem Wirtschaftssystem hin: «Ohne Werbung kann kaum Wettbewerb stattfinden und ohne Wettbewerb keine gesunde Wirtschaft». Alle Menschen würden von Werbung profitieren können, weil sie dazu beitrage, dass die Wirtschaft floriere. Zudem sei sie Teil der Wirtschaftsfreiheit in der Schweiz.
Im Interview mit RaBe gibt der Kommunikationsfachmann zu bedenken, dass die praktische Umsetzung der Initiative viele Herausforderungen mit sich bringen würde. Kinder und Jugendliche konsumieren dieselben Medien und bewegen sich im selben öffentlichen Raum wie Erwachsene. Werberestriktionen müssten somit sehr hoch angesetzt werden, «ein generelles Werbeverbot sei sicher leichter umzusetzen», erklärt Kobel. «Schlupflöcher finden die Werbenden immer. Solange Werbung, solange Empfänger».
Ein Ja zur Initiative zum Schutz von Minderjährigen vor Tabakwerbung würde in der Schweiz nicht der Startschuss sein zu einer «Prohibitionspolitik», wie manche Gegner*innen argumentieren. Bereits jetzt gibt es verschiedene Einschränkungen in Sachen Werbung, so sind beispielsweise bei den Medikamenten die Vorgaben schon jetzt sehr komplex. «Auch der Alkohol ist ein schönes Beispiel, weil hier theoretisch auch keine Werbung dafür gemacht werden darf – aber die Marken dieses Verbot umgehen, indem sie ihre alkoholfreien Pendants in der Werbung publizieren und somit auch ihren Markennamen trotzdem verbreiten können», sagt Kobel.
Bundesrat und Parlament stellen der Initiative mit dem neuen Tabakproduktegesetz einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Die neuen Bestimmungen würden Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten auf Plakaten und im Kino verbieten. Auch dürften Tabakkonzerne keine Zigaretten mehr gratis abgeben oder internationale Veranstaltungen in der Schweiz sponsern. Das neue Tabakproduktegesetz kann unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Volksinitiative in Kraft treten.
Parolenspiegel
JA: EDU, EVP, Grüne, SP
NEIN: Bundesrat, Parlament, FDP, SVP
Noch keine Parole gefasst: GLP, Mitte