Die Wahl von Pedro Castillo zum Präsidenten von Peru war eine mittlere Sensation. Letzten Sommer gewann der linke Gewerkschafter, Dorfschullehrer und politische Aussenseiter die Stichwahlen knapp gegen die Rechtsextremistin Keiko Fujimori. In linken Kreisen weckte seine Wahl grosse Hoffnungen auf einen fundamentalen Wandel im südamerikanischen Land.
Pedro Castillo stand für einen radikalen Systemwechsel, weg vom Neoliberalismus hin zu mehr Teilhabe aller Menschen am Reichtum des Landes. Er stand für den Kampf gegen die grassierende Korruption und mehr Investitionen in Bildung und Gesundheit. Castillo war auch klar gegen die Homoehe oder die Legalisierung von Abtreibungen, und auch seine Migrations- und Umweltpolitik versprachen wenig Gutes. Nichtsdestotrotz stand Castillo in vielen Bereichen für einen radikalen Bruch mit dem alten System in Peru.
Diese Hoffnungen haben sich mittlerweile zerschlagen. Seit seiner Wahl schlittert Castillo von einer Regierungskrise in die nächste. Bereits zum dritten Mal musste er kürzlich eine neue Regierung vereidigen, um nur drei Tage später den neuen Regierungschef Hector Valer auch schon wieder zu entlassen.
Mit dem dritten Kabinett mit Valer an der Spitze habe Castillo erfolglos versucht, Brücken zu den rechten Oppositionsparteien zu schlagen, um im Parlament mehr Rückhalt zu gewinnen, sagt Quincy Stemmler, Doktorand der Politikwissenschaft an der Universität Giessen und freier Journalist in der peruanischen Hauptstadt Lima.
Vor allem die politische Rechte unter Führung der unterlegenen Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori versucht Castillo schon seit seiner Wahl mit allen Mitteln möglichst rasch wieder loszuwerden. Auch den peruanischen Eliten ist Castillo ein Dorn im Auge, weil sie immer noch befürchten, er werde seine radikalen Reformversprechen aus dem Wahlkampf in die Tat umsetzen.
Grundlegende Reformen blieben indes auf der Strecke, teils weil es Castillo nicht versucht habe, und teils, weil grössere Reformvorhaben wie das versprochene Verfassungsreferendum am Widerstand des Parlaments gescheitert sind, so Quincy Stemmler.
Hinzu kommen schwelende Machtkämpfe innerhalb seiner eigenen Partei, insbesondere mit dem Parteipräsidenten von Peru Libre. Als er das zweite Kabinett sehr viel breiter aufstellte, mit Vertreter*innen anderer Linksparteien und der Zivilgesellschaft, kam es zum Bruch mit seiner Partei.
Obwohl dieser Bruch mittlerweile wieder gekittet ist, stehen Castillo weiterhin schwierige Zeiten bevor. Aktuell stellt sich die Frage, ob er sich weiter durchhangeln wird, ohne viel bewirken zu können, oder ob es rechte Opposition und Eliten schaffen, ihn abzusetzen. Stemmler hofft, dass er das neu zu wählende Kabinett nun mit grösserem Bedacht auswählt und neue Allianzen zu schmieden vermag, um seine Reformvorhaben breiter abstützen zu können.