Wohl über 80% der Musik wird mittlerweile über Streaming-Dienste konsumiert. Dabei hat sich Spotify längst zur marktbeherrschenden Plattform gemausert. Aktuell enthält Spotify rund 70 Millionen Songs, täglich kommen 60 000 neue Songs hinzu.
Vor allem in der Popmusik gibt Spotify also inzwischen den Takt vor. Und dieser Takt hat Regeln: Unter anderen und vor allem, dass die ersten 30 Sekunden eines Songs sowohl für die Charts, als auch für die finanzielle Entschädigung von Label und Künstler*innen matchentscheidend sind.
Zwingt Spotify die Popmusik damit in eine Zwangsjacke? Bereits vor Jahren kamen im US-Musikmagazin Pitchwork Künstler*innen zu Wort, welche bekräftigten, sie würden ihr Songwriting inzwischen stark nach den von Spotify verordneten Regeln richten. Man sei gezwungen, mit der Tür ins Haus zu fallen, auf ein längeres Intro zu verzichten und möglichst mit dem eingängigsten Teil zu beginnen.
Nachgefragt bei einem der grössten Schweizer Major-Labels, bei Universal Music Switzerland sagt Kamil Kostka, Head of Artist & Repertoire und zuständig für Talentsuche und Vertragsverhandlungen, von Seiten Label gäbe es diesbezüglich keine Vorgaben. Man diskutiere dies auch nie mit den Musiker*innen. Kostka geht indes davon aus, dass dies den Künstler*innen selber durchaus bewusst sei und es im Rahmen der Songwriting-Prozesse auch zu einem Umdenken geführt habe.
Wie stark der Druck sei, hänge wohl auch von der Grösse des jeweiligen Musikmarktes und von der Menge an Neuveröffentlichungen ab, sagt Kamil Kosta.
Bezüglich der Auswirkungen von Streaming-Plattformen wie Spotify auf die Schweizer Musikindustrie spricht Kostka von einem zweischneidigen Schwert. Einerseits sei es auch für hiesige Musikschaffende einfacher, ihre Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Andererseits sei das Risiko, in der schieren Menge unterzugehen, stark gewachsen. Vor allem kleinere Musikmärkte wie die Schweiz würden im globalen Wettbewerb stärker unter die Räder kommen, weil Spotify sie kaum beachte und lokale Playlists wenn überhaupt nur minim bewirtschafte, so Kamil Kostka.