Nach 10 Jahren Bauzeit war es kürzlich soweit. In Anwesenheit von Äthiopiens Staatschef Abyi Ahmed wurde im Rahmen einer feierlichen Zeremonie die erste von insgesamt zwölf geplanten Turbinen des Grossen Renaissance-Staudamms in Betrieb genommen.
Diese Turbine erzeuge alleine in etwa gleich viel Strom wie ein mittleres Kernkraftwerk in Europa, sagt Hans Hurni, eremitierter Professor für nachhaltige Entwicklung und Geographie an der Universität Bern. Entsprechend ist das Nil-Staudammprojekt auch eines der grössten auf dem afrikanischen Kontinent.
Äthiopien verspricht sich davon Unmengen an Strom und damit auch wirtschaftlichen Aufschwung. Derweil fürchten die Staaten flussabwärts um ihre Lebensader. Vor allem Ägypten wehrt sich massiv gegen den Staudamm, mehrmals gab es gar Kriegsdrohungen.
Diese Befürchtungen Ägyptens, irgendjemand könnte am Oberlauf des Nils das Wasser abstellen oder umleiten, seien Jahrtausende alt und bestünden bis heute, betont Hans Hurni. Hauptstreitpunkt zwischen den beiden Ländern sei, wie schnell der Stausee gefüllt werde, weil einmal fertiggestellt, könnte der Damm theoretisch zwei Drittel des Nil-Abflusses zurückhalten. Deshalb wäre ein Abkommen zwischen dem Äthiopien, Ägypten und dem Sudan gemäss Hurni zwar sehr wichtig, es sei jedoch nie eines zustande gekommen, weil Äthiopien letzten Endes immer darauf gepocht habe, auf dem eigenen Territorium selbst über das Wasser-Management bestimmen zu wollen.
Der schwelende Streit mit Ägypten ist denn auch der Grund dafür, dass Äthiopien das Staudamm-Projekt komplett selber finanzieren muss. Ägypten sei international sehr gut vernetzt und habe es geschafft, Äthiopien zu marginalisieren. Somit trägt Äthiopien die Investitionen von mindestens 5 Milliarden Dollar alleine. Eine gigantische Investition, so Hurni, welche der ganzen Bevölkerung viel abverlange. So würden beispielsweise sämtliche Staatsangestellte zugunsten des Staudamms jährlich auf einen Monatslohn verzichten.
Grundsätzlich sei dieser Staudamm jedoch eine sinnvolle Investition, ist Hurni überzeugt. Klar würden solch gigantischen Staudämme auch Umweltschäden verursachen, aber im Vergleich zu anderen Energiequellen sei die Wasserkraft immer noch eine relativ umweltfreundliche Art, Strom zu produzieren.