Am Sonntag, 27. März, finden im Kanton Bern Wahlen statt. Neben dem Regierungsrat, wird auch ein neues Parlament, der Grosse Rat, gewählt. Politologe Werner Seitz analysiert, welche Parteien zu den Gewinnerinnen zählen werden – und welche zu den Verliererinnen.
Eine der grossen Fragen am Sonntag wird sein, ob die Grüne Welle auch im Kanton Bern standhält. Nach den nationalen Wahlen 2019 waren es nämlich vor allem die Grünen und die Grünliberalen (GLP), die Sitze gewinnen konnten. «Auch in Bern schätze ich, werden die Grünen und die GLP zu den Gewinnerinnen zählen», sagt Werner Seitz. Vor allem beim Blick auf andere Kantone, die bereits gewählt haben, zeichne sich dieser Trend ab, so Seitz. Sonst werde sich die parteipolitische Zusammensetzung des Kantonsparlaments nicht gross verschieben, analysiert Seitz. «Ich vermute, dass die SVP weiterhin stärkste Kraft im Parlament bleiben wird, gefolgt von der SP und der FDP.»
Vielmehr entscheidend ist, wie sich die Wähler*innenanteile der Mitte verhalten werdem: Zum ersten Mal treten die ehemalige BDP und CVP gemeinsam zu den Wahlen an. «Hierbei stellt sich die grosse Frage: Kann die Mitte das Potenzial der BDP halten und für sich wieder mobilisieren?» Denn der Kanton Bern war einstige Hochburg der BDP. Es könnte aber laut Seitz auch sein, dass ehemalige BDP-Wähler*innen nicht die Mitte wählen werden, stattdessen die SVP, FDP oder vielleicht die GLP. Wenn die BDP ihren Anteil jedoch halten kann, so bleibt der Kanton Bern parteipolitisch unverändert.
Zwei weitere neuen Parteien, die zum ersten Mal antreten, sind aus den Corona-Massnahmenkritiker*innen entstanden: Zum einen Aufrecht Schweiz und die Demokratische Bewegung. Diesen beiden Parteien schreibt der Politologe Seit aber geringe bis keine Wahlchancen zu. «In der Innerschweiz wurde bereits gewählt, und da erzielten solche Parteien nur wenig Gewinne. In Bern wird das wohl nicht anders sein.»
Neben der Grünen Welle standen die letzten nationalen Wahlen vor allem im Zeichen der Frau. Es wurden historisch viele Frauen ins nationale Parlament gewählt. Auch in Bern werde die Frauenquote wohl steigen, analysiert Seitz. «Frauen ins Parlament zu bringen ist nicht mehr nur Thema der rot-grünen Parteien, sondern auch die Bürgerlichen stellen immer mehr Frauen auf.»
Die tiefe Wahlbeteiligung hingegen werde sich bei den diesjährigen Wahlen nicht ändern, prognostiziert der Politologe. Denn bei Kantonswahlen in Bern nehmen seit Jahren bloss 30 Prozent aller Wahlberechtigten teil. Das könnte daran liegen, dass viele die Kantonswahlen als nicht so wichtig erachten. «Das ist aber nicht nur ein bernisches Problem. Das ist auch in anderen Kantonen so.» Andererseits könnte auch mit ein Grund sein, dass die Wahlen in Bern nicht am gleichen Sonntag wie Volksabstimmungen stattfinden und so nicht mehr Menschen mobilisiert werden.
Dagegen, dass Wahlbeteiligung auch dieses Jahr teif bleibt, würden Theorien aus den Politikwissenschaften sprechen, die besagen, dass in Krisenzeiten die Wahlbeteiligung ansteigt. Könnten also die Coronapandemie oder der Ukraine-Krieg mehr Menschen mobilisiert haben? «Ich denke nicht, denn in anderen Kantonen, wo bereits gewählt wurde, hatte dies auch keine Auswirkungen auf die Beteiligung und sie blieb tief.»
Rabe-Info sendet am Sonntag, 27. März, live aus dem Rathaus von 15 Uhr bis 22 Uhr zu den kantonalen Wahlen.