Vor diese Frage sind viele Menschen in Frankreich gestellt. Nicht nur die linke deutsche Tageszeitung TAZ, auch die liberale Frankfurter Allgemeine titelte im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen, dass Frankreich nun die Wahl habe «zwischen Pest und Cholera»: Auf der einen Seite der amtierende Präsident Emmanuel Macron, auf der anderen Seite die Vorsitzende des rechtsextremen Rassemblement National, Marine Le Pen.
Das paradoxe am französische Wahlsystem mit seinen zwei Wahlgängen sei, dass die Verliererinnen des ersten Wahlgangs zu Königsmacher im zweiten Wahlgang werden, erklärt Macron-Biograf Joseph de Weck. Die politische Linke, welche es nicht geschafft hat sich so zu formieren, dass sie einen Kandidaten in den zweiten Wahlgang schicken konnte, wird nun also das Zünglein an der Waage sein.
Wird sie geschlossen Macron wählen um eine rechtsextreme Präsidentin zu verhindern? «Nein, das wird sie nicht», erklärt de Weck. «Die Umfragen zeigen, dass von den Mélenchon-Wählern rund die Hälfte Macron wählen werden, etwa 35 % sich enthalten und 15 % Le Pen die Stimme geben werden». Dass Linke eine dezidiert rechts-aussen agierende Politikerin wählen würden, habe zwei Gründe. Einerseits gäbe es die sogenannte «Tabula Rasa»-Theorie, die besage, dass Marine Le Pen an die Macht kommen muss, damit das Volk sehen würde, dass diese ebenso Politik für die Reichen mache, wie beispielsweise der amtierende Präsident Emmanuel Macron. Erst wenn Le Pen entlarvt werde, hätten linke Kandidierende wieder eine Chance, an die Spitze des Landes gewählt zu werden.
Andererseits seien manche Punkte auf Le Pens Wahlprogramm bei einigen Linken durchaus mehrheitsfähig, beispielsweise Protektionismus in der Handelspolitik, EU-Skepsis oder die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Treibstoff.
Gefragt nach einer Prognose für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sagt de Weck: «Macron wird sie gewinnen, klarer als wir noch vor ein paar Wochen dachten. Er wird rund 57 % der Stimmen holen». Das Resultat wird Sonntagabend bekannt sein.