«Der kritische Qualitätsjournalismus ist in Gefahr», warnt eine breite Allianz von Schweizer Medien am heutigen, internationalen Tag der Pressefreiheit. Eindringlich fordert der Verband der Schweizer Medien das Parlament auf, die Medienfreiheit nicht weiter einzuschränken.
Im Zentrum der Kritik steht der Artikel 266 der Zivilprozessordnung, welcher insbesondere finanzkräftige, einflussreiche Privatpersonen vor möglichen, negativen Auswirkungen von Medienberichten schütze, sagt Andreas Zoller, Spezialist Public Affairs beim Verband Schweizer Medien.
Schon heute ermöglicht der Artikel 266 Privatpersonen, die Veröffentlichung von kritischen Medienberichten gerichtlich zu verhindern oder zumindest zu verzögern, wenn den Betroffenen daraus «besonders schwere Nachteile» erwachsen könnten. Das Wort «besonders» wollen Ständerat und die Rechtskommissionen beider Räte nun streichen, und damit die Hürden weiter senken, um präventiv gegen Medien vorzugehen.
Der aktuelle Artikel 266 sei ein nach intensiven Konsultationen und Debatten ausgearbeiteter Kompromiss zwischen privaten Interessen und dem Schutz der Medienfreiheit. Der nun zur Debatte stehende, neue Vorschlag hingegen sei ein Schnellschuss aus dem Parlament, betont Andreas Zollinger.
Die «Zensur» der Schweizer Medien sorgte erst kürzlich für heftigen Aufruhr, als die «Swiss Secrets»-Recherchen zu den dubiosen Aktivitäten der Schweizer Grossbank CS publiziert wurden. Im internationalen Rechercheteam wollte sich auch die Tamedia beteiligen. Ein Artikel im Bankengesetz, wonach Journalist*innen bis zu drei Jahre Haft riskieren, wenn sie Berichte veröffentlichen, die auf gestohlenen oder geleakten Daten basieren, verhinderte indes die Beteiligung der Tamedia.
Eingebracht hatte diesen Artikel im Bankengesetz der damalige Nationalrat und jetzige FDP-Ständerat Andrea Caroni. Nach dem Aufruhr krebste Caroni zurück und betonte, mit diesem Artikel im Bankengesetz sei das Parlament wohl zu weit gegangen. Andreas Zoller hofft nun, dass dieser Weckruf genügend stark war, um auch bei künftigen Parlamentsdebatten nachzuhallen.