Selten wurde das Budapester Tilos Radio seinem Namen so gerecht wie jetzt. Tilos heisst auf Deutsch verboten.
Ungarns autokratische Regierung von Victor Orban macht weiter vorwärts mit der Zerschlagung der Medienfreiheit. Kürzlich hat der von ihm eingesetzte, umstrittene Medienrat nun auch die Sendefrequenz von Tilos Radio neu ausgeschrieben. Ziel ist, auch das letzte, grössere unabhängige Radio in Budapest aus dem Äther zu verbannen.
Tilos Radio blickt auf eine mittlerweile 30-jährige Tradition zurück, die Mächtigen stets kritisch zu hinterfragen und herauszufordern. «Bei uns gibt es ein Sprichwort, das besagt: Egal wer an der Macht ist, wir sind immer die Gegner*innen», sagt Eva Primusz, Journalistin bei Tilos Radio, und gleichzeitig eine von insgesamt über 360 freiwilligen Sendungsmachenden.
Tilos Radio ist unbequem und darum der regierenden Fidesz-Partei seit längerem ein Dorn im Auge. Nachdem der Medienrat im letzten Jahr bereits Klub Radio und Civil Radio in Budapest die UKW-Frequenz entzogen hatte, zielt er nun auf Tilos Radio.
Strategisch gekonnt wie immer geht die Orbansche Regierung dabei ganz ohne Verbote vor, sondern mit der geschickten Platzierung von x bürokratischen Hürden und Stolpersteinen.
So sei Radio Tilos dazu verpflichtet worden, stündlich 3 Minuten Nachrichten zu senden. Eine riesige Herausforderung für ein unabhängiges Alternativradio, welches nicht die Meldungen der staatlichen Nachrichtenagentur übernehmen will, betont Eva Primusz.
Alle 7 Jahre werden in Ungarn die Sendefrequenzen neu ausgeschrieben. Normalerweise würden die Frequenzen der bestehenden Radios unbürokratisch verlängert. Nun aber habe der Medienrat die Frequenz von Tilos mit der Begründung neu ausgeschrieben, das Radio habe in den letzten 7 Jahren insgesamt vier Mal gegen die Auflagen verstossen. So sei unter anderem der Jahresbericht mit 2 Tagen Verspätung eingetroffen und 2 Mal seien während des Tages Fluchwörter über den Äther gegangen.
So läuft die UKW-Frequenz von Tilos Radio am 3. September 2022 aus. Dass das Radio nochmals eine UKW-Frequenz erhält, ist mehr als fraglich. Trotzdem bleibt Eva Primusz verhalten optimistisch. Bereits anfangs der 2000er Jahre habe man Tilos Radio temporär die Sendefrequenz entzogen, und damals sei das Internet noch weit weniger verbreitet gewesen.