Es war das Jahr des Frauenstreiks: 2019 wurden so viele Frauen ins nationale Parlament gewählt wie noch nie zuvor. 42 % Frauen schafften die Wahl in den Nationalrat, 26% der Sitze im Ständerat gingen an Frauen. Eine neue Studie von Politikwissenschaftler*innen, verfasst im Rahmen der Wahlstudie selects, hat verschiedene Erklärungen für diese historische Frauenwahl untersucht.
Sarah Bütikofer ist Politikwissenschaftlerin und hat die Studie mitverfasst. Zum einen haben die Forscher*innen sämtliche Kandidaturen für die letzten Wahlen untersucht. Dabei zeigte sich: Es haben so viele Frauen kandidiert wie noch nie zuvor in der schweizerischen Geschichte – und dies über alle Parteien hinweg. «Wenn mehr Frauen zur Wahl stehen, können natürlich auch mehr Frauen die Wahl in ein politisches Amt schaffen», so Bütikofer.
Dass sich die Zahl der Frauen im Parlament so stark erhöht hat, hängt aber auch mit dem Wahlerfolg der grünen Parteien zusammen. «Die Grünen sind mit einer Frauenmehrheit an Kandidaturen angetreten», erklärt die Politikwissenschaftlerin. Darum hatte der höhere Wähler*innenanteil der Grünen auch mehr Frauen in die Bundesversammlung befördert.
Es haben aber nicht nur mehr Frauen kandidiert, sondern die Wähler*innen haben Frauen auch anders eingeschätzt als noch bei früheren Wahlen. Das ergibt sich aus den Befragungsdaten der Studie. «Frauen würden grundsätzlich als fähiger eingeschätzt, Politik zu machen.» Die Politikwissenschaftlerin erklärt dies unter anderem damit, dass sich immer mehr das Stigma löst, nach dem Geschlecht bewertet zu werden. «Frauen sind 2019 grundsätzlich nicht mehr mit einem Frauennachteil ins politische Rennen angetreten.» Daraus ergibt sich laut Studie für die Wahl 2019 sogar eine leicht höhere Wahrscheinlichkeit für weibliche Kandidatinnen, einen Sitz im National- oder Ständerat zu machen.
Die Erkenntnisse aus der Studie zeigen laut Bütikofer, dass für die nächsten Wahlen 2023 vor allem entscheidend sein wird, dass alle Parteien von links bis rechts erneut viele Frauen auf die Wahllisten setzen. Dann könnte sich der Frauenanteil halten.