Nach dem Abgang von Boris Johnson wurde die Konservative Liz Truss am 6. September zur britischen Premierministerin gewählt. Wie lange sie sich noch im Amt halten kann, ist jedoch ungewiss. Laut den neusten Umfragen, die vorgestern erschienen sind, ist Liz Truss die unbeliebteste Premierministerin seit in Grossbritannien Umfragen durchgeführt werden: Nur noch zehn Prozent der britischen Bevölkerung unterstützen sie. Zudem wurde sie heute früh schon vom siebten Parlamentsmitglied ihrer eigenen Partei zum Rücktritt aufgefordert.
Grund für die Misere waren Truss‘ Steuersenkungspläne, welche sie mittlerweile zurückziehen musste, denn ihre Ankündigung, die Steuern für die reichsten Britinnen und Briten zu senken führte zu einer ganzen Kaskade an Negativnews: Das Britische Pfund verlor an Wert, das Pensionssystem des Landes kam an den Rand des Kollapses.
Steuersenkungen für Reiche – dahinter steht die Idee der «Trickle down Economics». «Die Idee ist dabei, dass Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche, sowie Deregulierung die Geschäftstätigkeiten ankurbeln», erklärt Isabel Martinez, Ökonomin bei der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich. Unternehmen würden vermehrt investieren, Wohlhabende mehr konsumieren. Dadurch würde die Nachfrage nach Arbeitskräften steigen, ein Wachstumsschub setze ein und letztendlich hätten alle Menschen mehr Geld in der Tasche, auch diejenigen, die nicht direkt von Steuererleichterungen profitiert haben. So die Theorie.
«Trickle Down» war bereits in den Achtzigerjahren das Mantra der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und des US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan. Der Preis dafür zahlte die Bevölkerung, die Ungleichheit in der Gesellschaft sei in der Folge stark gewachsen. Für diese Ungleichheit gäbe es zwar sicher auch andere Gründe, betont Isabel Martinez. «Aber es ist kaum ein Zufall, dass von den westlichen, entwickelten Volkswirtschaften die USA und Grossbritannien diejenigen mit der höchsten Einkommensungleichheit sind».
Die Forschung habe gezeigt, dass eine hohe Ungleichheit eher wachstumshemmend sei. Wachstum werde dadurch getragen, dass breite Bevölkerungsschichten genügend Einkommen zur Verfügung haben um sich Güter und Dienstleistungen leisten zu können. Da Liz Truss ihren Steuersenkungsplänen nicht einmal Sparmassnahmen gegenüber stellte, war ihre Politik zum Scheitern verurteilt.
Update: Heute um 13.30 Uhr Ortszeit gab Liz Truss ihren Rücktritt als Premierministerin bekannt.