Bisher nie gesehene Bilder aus dem Iran gehen derzeit um die Welt: Frauen stehen mit wehenden Haaren auf Autodächern, Mädchen in Schuluniform zeigen dem unantastbaren religiösen Führer Ali Chamenei den Mittelfinger, Wandbilder mit seinem Konterfei werden verbrannt.
Seit 7 Wochen ist das Land in Aufruhr. Trotz massiver Repression, dutzenden Toten und über 1000 Anklagen dauern die Proteste an. Die Regime-Gegner*innen mobilisieren für den erhofften Systemwandel all ihre Kräfte.
Die islamische Republik in die Knie zu zwingen, sei eine Herkulesaufgabe, sagt die in Bern lebende Iranerin Behnaz Götz. Seit der Machtergreifung im Jahr 1979 habe die religiöse Führung ihre Alleinherrschaft mittels Repression, Folterungen, Hinrichtungen und gewaltsamer Unterdrückung jeglicher Opposition gefestigt. Mit den Öl- und Gasquellen kontrolliere sie die wichtigsten Ressourcen des Landes, und von klein auf würden den Kindern in den Schulen ideologische Propaganda und Lügen eingetrichtert.
Trotzdem treten nach 7 Protestwochen die Risse im System immer deutlicher hervor. Gemäss Medienberichten solidarisieren sich sowohl immer mehr Polizei- und Armeeangehörige als auch einflussreiche Händler, so genannten Bazaaris mit den Demonstrierenden. Auch immer mehr Mullahs, islamische Rechtsgelehrte stellen sich offen gegen das Regime. Gemäss Götz ist die Unzufriedenheit mit dem Regime in der iranischen Gesellschaft sehr stark verbreitet, zeige sich jedoch nur vereinzelt öffentlich, da die Menschen sehr viel riskierten.
Und was passiert, wenn das islamische Regime implodiert?
Sehr viele Iraner*innen vertreten die Ansicht, dass egal, was danach kommt, Hauptsache das Regime ist weg. Auch Behnaz Götz ist überzeugt, schlimmer als jetzt könne es nicht kommen.
Andere wiederum befürchten, dass analog zur Revolution in Syrien anschliessend ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte, weil derzeit zumindest im Land keine organisierte Opposition auszumachen ist.
Von der Gefahr eines Bürgerkrieges will Behnaz Götz nichts wissen. Ihrer Ansicht nach gibt es genügend gut organisierte oppositionelle Gruppierungen im Ausland, während im Land sehr viele fähige Intellektuelle und Politiker in den Gefängnissen sitzen. Dass der Iran ohne Mullahs zusammenbreche, gehöre zur Propaganda des Regimes.