Die internationale Expert*innengruppe des Europarats (GREVIO) hat die Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz überprüft und ihre Vorschläge gestern in einem Bericht publiziert. Die Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sei ein sehr konkretes Instrument, erklärt Sim Eggler von Brava und vom Netzwerk Istanbul Konvention. Das Übereinkommen halte beispielsweise fest, wie viele Schutzplätze es brauche, dass die Unterzeichnerstaaten eine nationale Hotline einrichten und in Krisenzentren gegen Gewalt investieren müssen.
Dass Gewalt an Frauen in der Schweiz weit verbreitet ist, zeigen die Zahlen. Laut einer gfs-Studie überlebten 430’000 Frauen und weiblich gelesen Personen eine Vergewaltigung. Laut der Recherche-Gruppe Stop Femizid wird in der Schweiz jede zweite Woche eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.
Ganze 59 Kritikpunkte hält Grevio in der Beurteilung, wie gut die Schweiz die Istanbul Konvention umsetzt, fest. Und auch Sim Eggler kritisiert, dass die Schweiz die Anforderungen der Konvention noch nicht erfülle: «Es mangelt überall an Geld», sagt Eggler, und nennt unter anderem die Bereiche Beratung und Schutz, aber auch fehlende Datenerhebungen und Massnahmen im Bildungsbereich. «Keine Politiker*innen sagen mehr, dass das Thema Gewalt nicht wichtig sei, doch es folgen leider keine Taten. Deswegen fragen wir uns schon, wie ernst es die Politiker*innen meinen, wenn sie nicht bereit sind, Gelder zu sprechen», so Eggler.
Der Bundesrat hat bereits auf die Kritik von Grevio reagiert, eine ausführliche Stellungnahme gibt es hier.