Seit dem Jahr 2003 gelten Tiere in der Schweizer Gesetzgebung nicht mehr als Objekte, sondern als empfindungsfähige Wesen. Die gemeinnützige Stiftung Tier im Recht setzt sich in diesem Bereich ein: Sie erteilt Interessierten Rechtsauskünfte, führt eine Datenbank über Verstösse gegen das Tierschutzgesetz und macht Kampagnen.
Eine heute veröffentlichte Analyse von Tier im Recht zeigt: Wer in der Schweiz ein Tier quält, kommt oft mit einer Busse im dreistelligen Bereich davon.
Die Stiftung untersuchte sämtliche schweizweit gemeldeten Tierschutzstraffälle aus dem Jahr 2021 und kommt zum Schluss, dass die Strafen oftmals in keinem Verhältnis zum verursachten Tierleid stehen würden. Der vom Gesetz gegebene Strafrahmen werde selten ausgenutzt. «Bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten fehlt es häufig noch immer am nötigen Fachwissen», erklärt Christine Künzli, Rechtsanwältin und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Stiftung für das Tier im Recht.
Einen besonderer Fokus legt die diesjährigen Analyse auf die rechtliche Beurteilung von Wildtierunfällen im Strassenverkehr. Wenn es zu einer Kollision mit einem Wildtier kommt, müsse dies immer der Polizei oder der Wildhut gemeldet werden, betont Künzli. 2021 seien über 8000 Rehe, 6000 Füchse und 3000 Dachse sowie weitere Wildtiere bei Verkehrsunfällen schwer verletzt oder getötet worden.
Wer eine Unfallmeldung unterlasse und ein Wildtier dadurch unnötig leide oder qualvoll sterbe, begehe ein massives Tierschutzvergehen. Die Strafverfolgungsbehörden hätten aber oft Mühe, dies korrekt einzuordnen. In solchen Fällen werde regelmässig von einem fahrlässigen Verhalten des Täters oder der Täterin ausgegangen, obwohl man annehmen könne, dass der Lenker oder die Lenkerin die Kollision mit beispielsweise einem Reh bemerkt haben muss.
Die Analyse der Schweizer Tierschutzstrafpraxis weist für das Jahr 2021 47 Strafverfahren wegen unterlassener Unfallmeldung im Zusammenhang mit einer Kollision mit einem Wildtier aus. Angesichts der Tausenden von Wildtieren, die jährlich durch Verkehrsunfälle verletzt oder getötet werden, lasse die tiefe Anzahl durchgeführter Strafverfahren im Zusammenhang mit Wildtierunfällen auf eine hohe Dunkelziffer nicht gemeldeter Unfälle schliessen, schreibt die Stiftung für das Tier im Recht.