Aufstieg des Rechtsautoritarismus, radikalisierte Impfgegner:innen, Verfall der Demokratie: Einfaches schwarz-weiss-Denken scheint en vogue zu sein. Die Performance «Gut gegen das Chaos» soll eine Gegenperformance sein gegen diese Weltvereinfachung und Populismus. Ich war bei der Generalprobe in der Grossen Halle in der Reitschule dabei.
Um mich herum sind im Kreis sechs Bühnen aufgestellt – eine 360 Grad Performance. Sechs Perspektiven auf die Gegenwart werden von diesen Bühnen aus beleuchtet. Eine Mauer wird an die Leinwände um mich herum projeziert: diese Welt in schwarz und weiss, diese Welt der kalten Ideologien lässt mich schaudern. Dieses Unwohlsein war denn auch Ausgangspunkt für diese Performance, erklärt mir Julia Maria Morf von pulp.noir.
Gegen diese Weltvereinfachung will die Performance vorgehen, und die Komplexität feiern. Um diese Komplexität der Gegenwart darzustellen, hat sich in der grossen Halle eine Gruppe aus der Kunst und den Wissenschaften zusammengeta. Auf den sechs Bühnen verweilt neben tanzenden und schauspieldenden Personen auch ein Physiker, der sich mit der sogenannten Komplexitätsforschung auseinandersetzt. Auch ein Philosoph steht auf einer Bühne und gibt Einblicke in seine Sicht der Dinge.
Beim Zuschauen habe ich Mühe, den roten Faden zu sehen in diesen Fragmenten. Das ist aber auch Teil des Konzepts, erklärt mir Julia Maria Morf: «Wir arbeiten nicht narrativ, sondern mit einzelnen Bilder, die dann eine Collage ergeben.» Das Publikum müsse den roten Faden schlussendlich selber einfädeln. «Wenn man metaphorisch arbeitet, dann ist die Kontrolle darüber, was das Publikum sieht, hört oder empfindet, weniger da.»
Insgesamt ist die Performance aufwühlend und an einigen Stellen sehr düster, aber sie gibt auch Mut: Die Welt ist zwar komplex und eher grau statt schwarz-weiss; aber vielleicht ist das auch gut so.