Die Bewegung gegen den Faschismus in Japan sei bei weitem nicht so breit gewesen wie diejenige in Europa, meint der Japanologe Gregor Wakounig. Ab 1932 habe es zwar Untergrundpublikationen und Streiks der Kommunistinnen gegeben. «Was wir nicht haben sind offene und militante Kämpfe gegen den Faschismus», so Wakounig. Das Ende des zweiten Weltkrieges brachte eine Renaissance der japanischen Linken mit sich. Die linke Kritik richtet sich vor allem gegen den Kaiser, der nach dem Faschismus nicht entmachtet wurde und so als Symbol für die Nicht-Aufarbeitung des Faschismus stand. Es kam zu grossen Demonstrationen in Kyoto und Tokio, die kommunistische Partei wurde wieder legalisiert. «Diese studentischen Bewegungen sind aber schliesslich an sich selbst gescheitert», so Wakounig. Für viel Aufruhr sorgten 1972 die Asama-Sansō Ereignisse. Linksextremist*innen hatten sich in einer Berghütte verschanzt und lieferten sich eine Schiesserei mit der Polizei. Als die Polizei die Berghütte stürmte, fand sie im Umkreis der Hütte viele verscharrte Leichen aus den eigenen Reihen. «Das hat die linke Bewegung traumatisiert», so Wakounig. «Viele sagten: Was passiert denn jetzt? Jetzt töten wir uns gegenseitig?» Dies habe zum Niedergang der Nachkriegslinken in Japan geführt.
2011 kam es aufgrund der Fukushimakatastrophe zu einer Massenbewegung gegen Atomenergie in Japan. «Das war der absolut wichigste Moment für die Linke in Japan – definitiv!», meint Wakounig. «Die Menschen begreifen nun, das Anti-Atom mit Patriarchat, mit Rassismus zu tun hat!». Die Fukushima-Demonstrationen sind mittlerweile fast 12 Jahre her. Die Linke Bewegung hat sich in das linksliberale Milieu verschoben und hat Raum geöffnet für Diskurse, die über Anti-Atom hinausgehen. Der politische Einfluss der Linken bleibe aber marginal: «Man kann noch nicht davon reden, dass die Linke in einer breiten Ebene organisiert ist», so Wakounig.
Gregor Wakounig hielt am 7. Januar im Rahmen des No-WEF Winterquartiers einen Vortrag über Antifaschismus in Japan.