Die Türkei hält auf der Rangliste der Pressefreiheit den 149. von 180 Rängen inne. Seit der Niederschlagung des Putschversuches 2016 hat sich die Lage von Journalistinnen und Journalisten in der Türkei dramatisch verschlechtert, viele wurden inhaftiert und verurteilt. Eine von ihnen ist Perihan Kaya, die fünfzehn Jahre als Journalistin in der Türkei und in Kurdistan arbeitete und dabei eine regierungskritische Positionen innehatte. Daraufhin wurde sie verhaftet und zu 15 Monaten Haft wurde verurteilt. «Ich musste mich schließlich dazu entschließen, das Land zu verlassen und in die Schweiz zu flüchten», erkärt Perihan Kaya in einer Videobotschaft, die Radio RaBe vorliegt. Auf ihrer Flucht in die Schweiz wurde Perihan Kaya in Kroatien von der Grenzpolizei aufgehalten und misshandelt. «Ich wurde von der Polizei gezwungen, mich zu entkleiden und wurde kontrolliert», so Kaya.
Kaya flüchtete weiter in die Schweiz, wo sie ihren Asylantrag stellte. Vor ein paar Tagen kam die Antwort vom Staatssekretariat für Migration: Der Asylantrag von Perihan Kaya werde nicht geprüft, die Kurdin soll nach Kroatien zurückgeführt werden. Kroatien gehört zum Dublin-Raum, deswegen können Flüchtende ins Ersteinreiseland zurückgeführt werden, so die Begründung. Dagegen schlagen Organisationen wie Reporter ohne Grenzen oder impressum Alarm: In Kroatien sei Perihan Kaya nicht sicher. Einerseits sei Kroatien in Punkto Pressefreiheit kein Vorzeigebeispiel und deswegen ein denkbar schlechtes Land für eine Journalistin, die politisch verfolgt wird, meint Urs Thalmann von impressum. Ein zweiter Grund liegt in der Tatsache, dass Perihan Kaya auf ihrer Flucht misshandelt wurde. «Solche Misshandlungen scheinen System zu haben», meint Marco Schwartz, der Perihan Kaya als Anwalt vertritt. Deswegen sei es unhaltbar, Perihan Kaya nach Kroatien zurückzuführen
Hauptsächlich besteht aber die Befürchtung, dass Perihan Kaya von Kroatien in die Türkei ausgeschafft wird, denn Kroatien sei sehr darauf bedacht, gute diplomatische Verhältnisse zu der Türkei aufrechtzuerhalten. «Wenn Kroatien Perihan Kaya Asyl gewähren würde, aber sie offiziell von der Türkei als Terrorverdächtige angeschaut wird, dann würde Kroatien damit aussagen, dass sie der türkischen Justiz kein Vertrauen schenken», erklärt Urs Thalmann vom impressum. «Das wäre eine Provokation des türkischen Regimes.» Dies könnte ein Motiv sein, wieso Perihan Kayas Fall in Kroatien sehr genau angeschaut werden würde. «Wir glauben nicht, dass Perihan Kayas Fall in Kroatien objektiv beurteilt wird – so wie das in der Schweiz hoffentlich der Fall wäre», so Thalmann.
Aus diesen Gründen wurde Beschwerde eingelegt gegen den Entscheid vom Staatssekretariat für Migration, Perihan Kaya nach Kroatien zurückzuführen. Die Schweiz solle den Asylantrag von Perihan Kaya selbst überprüfen, so die Forderung. Rechtfertigen liesse sich das mit der sogenannten Souveränitätsklausel, so Marco Schwartz, Anwalt von Perihan Kaya. Ein Staat müsse Asylgesuche selbst überprüfen, wenn durch die Rückschaffung das Völkerrecht nicht mehr garantiert werden kann. «Dies müsste zur Anwendung kommen, da Frau Kaya sowohl eine unmenschliche Behandlung in Kroatien droht, als auch die Gefahr, dass sie in die Türkei ausgeschafft werden könnte», so Marco Schwarzt.
Die Beschwerde ist nun beim Bundesverwaltungsgericht hängig. Wie lange es zum Entscheid hin ist, ist noch nicht absehbar. Die Botschaft Perihan Kayas ist aber klar: «Ich will, dass die Schweiz meinen Asylantrag annimmt und brauche Unterstützung, damit die Schweiz mich nicht nach Kroatien zurückschickt.»