Nach einem intensiven und emotionalen Abstimmungskampf sind die Würfel gestern gefallen: Das Bernische Stimmvolk hat die umstrittenen Umfahrungsstrassen in Emmental und Oberaargau abgesegnet. Wenn auch relativ knapp, mit 52% für die Umfahrung von Aarwangen und 56% für diejenige von Burgdorf, Oberburg und Hasle.
Aktuell fahren werktäglich rund 17’000 Autos und Lastwagen durch Aarwangen, das Dorf ächzt unter dem immensen Durchgangsverkehr. Die Situation rund um Oberburg ist ähnlich. Nun können die Bewohner*innen bald aufatmen, weil die endlosen Verkehrsschlangen auf die neuen Umfahrungsstrassen verlagert werden.
Den hohen Leidensdruck der Bevölkerung anerkennt auch das Referendumskomitee, betont Fredy Lindegger, Grüner Grossrat und Präsident der Grünen Oberaargau. Dennoch machte sich beim Referendumskomitee aus Linksparteien, Grünen und Umweltverbänden nach der knappen Niederlage Enttäuschung breit. Denn der Preis für die Umfahrungsstrassen sei definitiv zu hoch, wie Fredy Lindegger betont.
Die Umfahrungsstrasse in Aarwangen kostet rund 200 Millionen, und diejenige für Burgdorf, Oberburg und Hasle über 400 Millionen Franken. So viel Geld für eine doch relativ kleine, lokale Bevölkerung auszugeben, während der Kanton Bern kaum genügend Geld habe, um die bestehenden Strassen zu unterhalten, sei unverhältnismässig. Zudem seien diese Umfahrungen nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein, denn die nun entlasteten Gemeinden seien bei weitem nicht die einzigen, die unter zu viel Verkehr leiden, betont Lindegger.
Zu hoch sei der Preis auch für Umwelt und Landschaft. Gegen beide Umfahrungsstrassen sind denn auch nach wie vor Beschwerden von namhaften Natur- und Umweltschutzverbänden hängig. Falls die Beschwerden die Projekte nicht verzögern oder versenken, sollen die Bauarbeiten für die Umfahrungsstrassen von Aarwangen und Burgdorf, Oberburg und Hasle ab 2025 beginnen.
Umfangreiche Strassenausbauprojekte werden den Kanton Bern auch in den kommenden Jahren beschäftigen. Geplant ist zum einen der Ausbau des Autobahnanschlusses Bern-Wankdorf, zum anderen der Ausbau der Autobahn A1 zwischen Bern Wankdorf und Kirchberg auf acht Spuren. Der Widerstand dagegen hat sich bereits formiert, und gemäss Lindegger sollte dieser Widerstand die Lehren aus dem aktuellen Abstimmungskampf definitiv mitnehmen. Demnach sei es wichtig, früh eine möglichst breite Mobilisierung zu erreichen, um auf die Projekte einwirken zu können, so dass sie redimensioniert oder verworfen werden.