Was wäre, wenn sich Amerikas Sklaven statt an Gott an den Teufel gewandt hätten? Wenn sie nicht in Worksongs und Gospel Kraft und Selbstermächtigung gesucht hätten, sondern im satanistischen Black Metal? Aus diesem Gedankenexperiment heraus entstand das Musikprojekt «Zeal & Ardour» des Basler Musikers Manuel Gagneux.
Gagneuxs rasanten Aufstieg vom virtuellen Hype auf die grossen Musikbühnen dieser Welt zeigt der Dokumentarfilm «Play with the Devil – Becoming Zeal & Ardour». Ohne Kommentar, dafür mit viel Musik dokumentiert er unwirkliche Traummomente, Euphorie und Zweifel.
Alles begann mit einem Post des Basler Musikers Manuel Gagneux auf der umstrittenen Imageboard-Website 4chan. Welche Musikgenre hat bis jetzt noch niemand zusammengemischt, fragte er. Vorgeschlagen wurde ihm etwa Black Metal oder N-Musik. Eine rassistische Provokation – doch Gagneux drehte und wendete sie und antwortete schliesslich in Form seines ersten Albums «Devil is fine».
Christliche «Spirituals» haben Amerikas Sklaven gesungen. In ihnen wurzelt der spätere Gospel, aber auch den Blues haben sie geprägt. Der nihilistische satanistische Black Metal seinerseits würdigt den Teufel und verteufelt alles Heilige. Die überwiegend weisse Black Metal-Szene hat aber auch den Ruf, nationalistisch, rassistisch und homophob zu sein. Gagneux fabrizierte aus zwei komplett gegensätzlichen Musikgenre die bisher wohl ungewöhnlichste Mischung.
In kompletter Eigenregie nahm er ein paar Songs auf und stellte sie ins Internet. Die Reaktion war euphorisch. 2016 feierte das Musikmagazin «Rolling Stone» das Album als eines der wunderbarsten neuen Metal-Alben des Jahres. Es schlage eine Traumwelt mit unendlichen Möglichkeiten vor.
Auf den Hype im Internet folgten Einladungen auf die grossen Musikbühnen der Welt. Gagneux, der bisher alleine gearbeitet hatte, musste sich in aller Eile Musiker*innen zusammentrommeln, um seine erste Tournee anzutreten. Von Anfang an begleitet wurde er von den beiden Filmschaffenden Olivier Joliat und Matthias Willi. Während 5 Jahren dokumentierten die beiden den märchenhaften Aufstieg und die Höhen und Tiefen einer Band auf Erfolgskurs.
«Zeal & Ardour» feierten ihren Erfolg ausgiebig. Dann aber wurde Manuel Gagneux der Hype um seine Person zu viel, der Erfolg, das ständige im Rampenlicht stehen, aber auch die teils hohen Erwartungen seiner Fans. Vor allem in den USA verkörperte Gagneux auch die schwarze Selbstermächtigung in der Metalszene. Gagneux gab zur richtigen Zeit die richtigen Impulse in eine starre Subkultur, wie Oliver Camenzind im Filmbulletin schreibt, und als introvertierter Mensch machte ihm diese Rolle auch zu schaffen.
Gegen Ende des Films schliesst er indes seinen Frieden mit dem unerwarteten Durchbruch und sagte nach der Vorpremiere gegenüber RaBe, es sei nun an der Zeit, ein neues Album in Angriff zu nehmen.
Herzlichen Dank an Roger Dietrich der RaBe-Metal-Sendung Headbangers für die Interviews.
In Bern läuft «Play with the Devil» noch diesen Freitag und Samstag im Kino REX.