Migrations- und Asylorganisationen kritisieren die geplante EU-Asylreform als «Frontalangriff auf das Asylrecht». Sie sieht haftähnliche, abgeschottete Auffanglager an den Aussengrenzen vor, sowie Schnellverfahren und Massenabschiebungen in angeblich sichere Drittstaaten.
Bisher galt das ehemalige Flüchtlingslager «Moria» auf der griechischen Insel Lesbos als Inbegriff des Scheiterns der europäischen Migrations- und Flüchtlingspolitik. Nun drohe die EU an den Aussengrenzen unzählige neuer «Morias» zu schaffen, befürchtet Karl Kopp, Europasprecher der deutschen Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Was die EU-Innenminister*innen vorschlagen, seien menschenunwürdige Haftlager mit prekärer Essensversorgung, mangelnder hygienischer und medizinischer Versorgung, mit kaum Zugang für Anwält*innen und unabhängige Beobachter*innen zu den Lagern und ohne Zugang zu fairen, rechtstaatlichen Verfahren für Geflüchtete.
Die angedachten so genannten «Grenzverfahren» vergleicht Karl Kopp mit einer «Sortieranlage». Obwohl die Menschen de facto bereits auf europäischem Boden sind, gelten sie in den Lagern als noch nicht eingereist. Sodann fände im Rahmen der «Grenzverfahren» keine inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe statt. Geprüft würden lediglich die Aussichten auf ein reguläres Asylverfahren.
Keinen Zugang mehr zu einem regulären Asylverfahren hätten fortan Geflüchtete, welche aus Staaten mit einer niedrigen Anerkennungs- und Schutzquote einreisen, oder aus als sicher qualifizierten Drittstaaten. Gemäss der Asylreform sollen sie bestenfalls innert rund 3 Monaten in die betreffenden Länder zurückgeschafft werden.
Welche Länder als so genannt «sichere» Drittstaaten» qualifiziert werden, liege massgeblich in der Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten. Damit öffne die EU «die Büchse der Pandora», sagt Kopp, weil die Staaten alles daran setzen werden, mittels Kooperationen mit den Staaten entlang der europäischen Ostgrenze, sowie südlich des Mittelmeers die Verantwortung für die Flüchtlingsproblematik sukzessive weiter auszulagern.
Kopp verortet in der geplanten Asylreform eklatante Verstösse sowohl gegen die Genfer Flüchtlingskonvention als auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention als eines der zentralsten Fundamente der Europäischen Union. Gleichzeitig beobachtet er im Zuge der erstarkenden rechtspopulistischen Kräfte die Tendenz vieler EU-Staaten, sich von diesen Verträgen und Verpflichtungen zunehmend verabschieden zu wollen. In der Asylreform selber sei dies nicht angelegt, sehr wohl aber in der praktischen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Schon heute seien massive Grund- und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Aussengrenzen an der Tagesordnung, durch die Reform würden diese nochmals massiv verschärft.
Der Vorschlag der EU-Innenminister*innen geht nun an das EU-Parlament.