Vor ziemlich genau neun Jahren wurde Mo Wa Baile eines Morgens von zwei Polizisten am Hauptbahnhof Zürich kontrolliert. Wa Baile, eine Person of Color, weigerte sich, seinen Ausweis zu zeigen. Er vermutete hinter der Kontrolle Racial Profiling, also das gezielte Kontrollieren nichtweisser Menschen aufgrund ihrer Hauptfarbe. Wa Baile erhielt einen Strafbefehl wegen Nichtbefolgens einer polizeilichen Anordnung. Er entschied sich, diesen anzufechten. Zusammen mit der Allianz gegen Racial Profiling zog Wa Baile seinen Fall bis vor das Bundesgericht, wo er jedoch abblitzte. Deswegen reichte Wa Baile Klage am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Gestern nun das wegweisende Urteil: Wa Baile hat in allen Punkten recht bekommen. Mo Wa Baile habe sich zurecht diskriminiert behandelt gefühlt. Statt das Verhalten der Polizei zu rechtfertigen, hätten die Schweizer Gerichte die Polizeikontrolle genauer unter die Lupe nehmen müssen, so der bahnbrechende Entscheid.
Dieses Urteil betrifft nicht nur die Schweiz, sondern sämtliche Länder, die Teil der Europäischen Menschenrechtskonvention sind. Das Signal geht aber in erster Linie an die Schweiz: An alle Behörden, an die Politik und an die Polizeikorps, sich intensiver mit Racial Profiling und institutionellem Rassismus auseinanderzusetzen.
Nun gilt es, dem Urteil auch Taten folgen zu lassen. Die Allianz gegen Racial Profiling präsentierte gestern einen ganzen Katalog an Forderungen. Darunter mehr sozialwissenschaftliche Untersuchungen betreffend Rassismus in Polizeikorps, eine unabhängige Meldestelle für Racial Profiling und Polizeigewalt, und eine grundlegende Veränderung der internen Polizeikultur.