Das Anliegen scheint auf den ersten Blick recht simpel: Ambulante und stationäre Behandlungen sollen auf die gleiche Art und Weise finanziert werden. Denn heute übernehmen die Krankenkassen, beziehungsweise die Prämienzahler*innen bei ambulanten Behandlungen alle Kosten. Ambulante Leistungen sind Beispielsweise Hausarzttermine oder Spitalaufenthalte ohne Übernachtung. Bei Spitalaufenthalten mit Übernachtung – sogenannten stationären Behandlungen – werden die Kosten zwischen Krankenversicherung und Kanton aufgeteilt.
Weil das zu Fehlanreizen führt, entwarf das Parlament die Gesetzesänderung «Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär» kurz EFAS. «Die Einheitliche Finanzierung stärkt die ambulante Versorgung, die oft kostengünstiger und auch weniger invasiv ist», sagt Ursula Zybach. Damit würden die stationären Strukturen und die Pflege entlastet, erklärt Zybach. Die SP Nationalrätin engagiert sich im Ja-Komitee für die Vorlage und ist als Präsidentin der Spitex Kanton Bern mit dem Gesundheitswesen gut vertraut.
EFAS soll also Fehlanreize beseitigen und die Ambulantisierung vorantreiben. So weit, so einfach. Doch die Vorlage bringt noch einiges mehr mit sich. Denn im Parlament hatte die Vorlage erst wenig Chancen. Unter anderem weil sich die Kantone dagegen ausgesprochen hatten. Um die Kantone mit ins Boot zu holen, nahm das Parlament die Langzeitpflege mit in die Vorlage. Unter Langzeitpflege fallen beispielsweise Altersheime oder die Spitex.
Damit kam die Vorlage durchs Parlament, doch die Gewerkschaft VPOD hat unter anderem wegen dieser Integration der Langzeitpflege das Referendum ergriffen. «Mit der Einheitliche Finanzierung werden die steigenden Kosten in der Langzeitpflege einer komplett neuen Logik unterstellt», erklärt Viviane Hösli, Zentralsekretärin Gesundheitsbereich beim VPOD.
Bei der Langzeitpflege ist die Finanzierung heute folgendermassen geregelt: Für Krankenkassen und Patient*innen sind im Gesetz jeweils Höchstbeträge festgelegt. Die Restfinanzierung wird von den Kantonen geregelt. Bei Annahme der Vorlage würde auch bei der Langzeitpflege derselbe Verteilschlüssel zur Anwendung kommen, wie er bei ambulanten und stationären Behandlungen angedacht ist.
Den Gegner*innen zufolge führt das zu höheren Prämien und mehr Spardruck in der Pflege. Für Ursula Zybach dagegen ist es eine gute Lösung für die Langzeitpflege. Denn die Restfinanzierung sei heute schlecht geregelt, der Betrag von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Mit EFAS werde klarer geregelt, wer wofür zahlt.
Ist EFAS nun also der grosse gesundheitspolitische Wurf oder nicht? Für die Befürworter*innen ist es jedenfalls eine dringend notwendige Reform. Eine Reform, die Fehlanreize beseitigt und Gesetzeslücken schliesst. Für die Gegner*innen hingegen ist es eine überladene Vorlage, die zu mehr Kostendruck und steigenden Prämien führt.
Klar ist: Ganz so simpel, wie sie auf den ersten Blick wirkt, ist die Vorlage nicht. Die Schweizer Stimmbevölkerung wird bei ihrem Entscheid Auswirkungen beachten müssen, die nur schwer abzuschätzen sind.