Welche Themen und Entscheide prägten die Schweizer Aussenpolitik vor 30 Jahren? Diese Frage beantwortet die Forschungsstelle Dodis jeweils in ihrer jährlich erscheinenden «Edition Diplomatische Dokumente der Schweiz».
Die Forschungsstelle Dodis ist ein Institut der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Als unabhängiges Kompetenzzentrum für die Geschichte der schweizerischen Aussenpolitik und der internationalen Beziehungen der Schweiz betreibt Dodis Grundlagenforschung zur Zeitgeschichte.
Letzte Woche ist die «Edition Diplomatischer Dokumente der Schweiz» für das Jahr 1994 erschienen. Pünktlich zur Aufhebung der 30-jährigen Schutzfrist für das Archivgut des Bundes. Doch was ist Dodis genau? «Kurz gesagt sind wir der grösste Kunde des Bundesarchivs», sagt Sacha Zala, Direktor der Forschungsstelle.
Rund 7'000 Archivschachteln durchsuchen Zala und seine Mitarbeitenden jedes Jahr. Damit betreiben sie historische Grundlagenforschung zur Aussenpolitik der Schweiz. Zuerst werden alle Dokumente eines Jahres detailliert gesichtet. Dazu gehören etwa Protokolle der Bundesratssitzungen, der Parlamentsdebatten sowie der Beratungen in den aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments.
Daraus lesen Sacha Zala und seine Mitarbeitenden die Themen, die für die Aussenpolitik im jeweiligen Jahr besonders wichtig waren. «Dann wählen wir Dokumente aus, anhand derer wir die Themen in einer knappen und guten Übersicht darstellen können», führt der Direktor aus.
In der Edition Diplomatische Dokumente der Schweiz versucht die Forschungsstelle Dodis, die Grundzüge, die Leitlinien und fundamentalen Gegebenheiten der internationalen Beziehungen der Schweiz zu illustrieren. Abgedruckt werden darum vornehmlich Texte, die eine generelle Ausrichtung der schweizerischen Aussenpolitik erkennen lassen oder die zu einem gegebenen Zeitpunkt diese Orientierung nachhaltig beeinflussten.
Die Edition DDS besteht aus einer ersten, abgeschlossenen Serie über die Periode 1848–1945 (15 Bände) sowie einer zweiten Serie über die Periode des «Kalten Kriegs» 1945–1989 (bislang 12 Bände). Die dritte Serie zu den Jahren 1990–1999 erscheint zeitnah an der Öffnung der Archivbestände – entlang der gesetzlichen 30-jährigen Schutzfrist für das Archivgut des Bundes – mit jährlichen Bänden.
Diese Dokumente werden dann veröffentlicht im jeweiligen Band der Serie «Edition Diplomatischer Dokumente der Schweiz». In den Fussnoten und im Anhang finden sich dann Verweise auf weitere Dokumente. Diese lassen sich in der Internetdatenbank von Dodis aufrufen.
Die Forschungsstelle arbeitet derzeit an der dritten Serie der Edition. Diese deckt die Jahre 1990-1999 ab. Mit dem soeben veröffentlichten Band zum Jahr 1994 steht die Serie genau in der Hälfte. Damit kann Zala bereits Tendenzen erkennen, wie sich die Schweizer Aussenpolitik in den 90er-Jahren verändert hat. Gleich nach dem Mauerfall habe die Schweiz ihre zurückhaltende Aussenpolitik, die sie während des Kalten Krieges pflegte, aufgegeben. Dazu zählt etwa, dass die Schweiz bereits 1990 die Sanktionen gegen Saddam Hussein mitgetragen hat.
Ein weiteres wichtiges Thema in dieser Zeit war die europäische Integration. Nach dem Vorpreschen des Bundesrats beim Europäischen Wirtschaftsraum und dem Nein dazu der Stimmbevölkerung, handelten die Schweiz und die EU die Bilateralen Verträge aus. Die EU liess sich vor allem deshalb darauf ein, weil sie unter dem Eindruck stand, die Schweiz würde ohnehin demnächst der Union beitreten.
Weil das aber nicht geschehen ist, sind dieselben Themen wie damals noch heute aktuell, bilanziert Zala: «Viele der Fragen, die sich damals im Bezug auf die Beziehungen der Schweiz zu Europa gestellt haben, sind heute praktisch noch die selben.» Die Kernfragen der schweizerischen Aussenpolitik habe man in den letzten 30 Jahren nicht geklärt.