Der Sturz des Assad Regimes kam unerwartet. Anfang letzten Dezember gelang es einer Offensive von Rebellenorganisationen unter der Führung der Haiʾat Tahrir al-Scham (HTS) auf die Hauptstadt Damaskus vorzudringen. Am Ende wurden die Rebellen von der Zivilgesellschaft unterstützt.
Seither sind einige Wochen ins Land gezogen. Syrien ist dabei, einen neuen Staat aufzubauen. Als neuer Interimspräsident ist Ahmed al-Sharaa massgeblich daran beteiligt. Der ehemalige HTS-Anführer sucht im Ausland nach Verbündeten. Vergangene Woche traf er sich etwa mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
«Die Gespräche zwischen al-Sharaa und Erdoğan betrafen vor allem gemeinsame Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen», weiss Ali Sonay der Universität Bern. Sonay ist Dozent im Fachbereich Mittlerer Osten und muslimische Gesellschaften und beschäftigt sich in seiner Forschung unter anderem mit der neueren Geschichte und der Gegenwart des Nahen Ostens.
Bei den Sicherheitsfragen ist es vor allem um die kurdische Selbstverwaltung im Nordosten Syriens gegangen, erklärt Sonay: «Die Türkei verlangt ein Ende der Präsenz der kurdischen Organisationen in der Region.» Al-Sharaa habe in diesem Kontext zugesichert, dass er regionale Sicherheitsrisiken gemeinsam mit der Türkei angehen will, so Sonay weiter.
Syrien rückt also aussenpolitisch näher an das nördliche Nachbarland Türkei. Was bedeutet das für Syrien? «Der neuen Regierung geht es darum, sowohl regional als auch global anerkannt zu sein», sagt Ali Sonay von der Universität Bern, «mit der langen gemeinsamen Grenze spielt die Türkei eine Zentrale Rolle für die Zukunft Syriens.»
Die Türkei ist dabei aber nicht die Einzige Option für Syrien, meint Sonay. Auch Staaten wie Saudi Arabien und Katar könnten mögliche Parter für Syrien werden. Nicht zuletzt zeige sich das darin, dass seine erste Auslandreise Ahmad al-Sharaa nach Saudia Arabien geführt hat.