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16. Dezember 2025
Eine Petition bringt den Klassenkampf ins Zugabteil
© SBB CFF FFS
Foto: © SBB CFF FFS Für den jungVCS vertieft die 1. Klasse Ungleichheiten.

Das Institut Demoscope hat rund tausend Personen über 15 gefragt, ob sie für eine Abschaffung der 1. Klasse im öffentlichen Verkehr sind. Das Ergebnis: Drei von fünf Personen im Alter zwischen 15 und 34 Jahren stimmen einer Abschaffung zu. Auch der junge Verkehrsclub der Schweiz (jungVCS) sagt der 1. Klasse den Kampf an. In einer Petition fordert derjungVCSdie Abschaffung des Zweiklassensystems im öffentlichen Verkehr. Peter Weihrauch, Präsident des jungVCS, erklärt im Gespräch die Beweggründe des Verbands.

Peter Weihrauch, Sie wollen die 1. Klasse im öffentlichen Verkehr abschaffen. Wie sieht der Klassenlose Zug in Ihrer Vorstellung aus?

In unserer Vorstellung sieht ein klassenloser Zug so aus, dass es keine Klassen mehr gibt, dass also keine sichtbaren Unterschiede zwischen verschiedenen Abteilen und Waggons bestehen. Zumindest in Bezug auf Komfort und Platz wollen wir keine Ungleichbehandlung. Wir können uns aber durchaus vorstellen, dass es Sonderabteile weiterbestehen, wie zum Beispiel Ruheabteile oder die Kinderabteile, die es bereits jetzt gibt. 

Sie argumentieren, die 1. Klasse generiere pro Fläche weniger Erlöse als die 2. Klasse und berufen sich dabei auf ein SBB-Internes Dokument. Dieses ist allerdings über zehn Jahre alt, die SBB hat gemäss eigenen Angaben seither die Preise in der 1. Klasse angepasst. Aktuelle Zahlen gibt es jedoch keine. Weshalb ist Ihnen dieses Argument dennoch wichtig? 

Für uns ist es sehr bezeichnend, dass bis heute keine aktuellen Daten verfügbar sind. Wir haben das Gefühl, dass Zahlen womöglich absichtlich unter Verschluss gehalten werden, weil sie ein negatives Bild zeichnen könnten. Wir wollen die SBB herausfordern, uns das Gegenteil zu beweisen. Solange sie uns das Gegenteil nicht beweisen können, müssen wir davon ausgehen, dass diese Zahlen immer noch aktuell sind. 

Sie gehen also weiter von dieser Annahme aus. Welche weiteren Argumente, sprechen Ihrer Meinung nach für eine Abschaffung der 1. Klasse?

Wir argumentieren vor allem mit sozialer Gerechtigkeit. Wir wollen, dass ein Service Public keine Ungleichheiten weiter befeuert, sondern eher Gleichheiten schafft. Bei der SRG gibt es schliesslich auch keine Ungleichbehandlung zwischen Leuten, die die mehr bezahlen können und dafür dann etwa mehr Angebote erhalten würden. Dass ein Service Public einen gewissen Luxus finanzieren oder eine Zweiklassengesellschaft weiter fördern soll, halten wir für ein komisches Verständnis von Service Public.

Ausserdem würde die Abschaffung der ersten Klasse einen Kapazitätszugewinn ermöglichen. Die erste Klasse braucht mehr Platz pro Sitzfläche. Wenn man alle 1. Klassen mit Wagen der 2. Klasse ersetzen würde, dann könnte pro Wagen eine dreissigprozentige Steigerung der Sitzplatzanzahl geschaffen werden. So könnte eine Kapazitätserweiterung des ÖVs stattfinden, ohne einen einzelnen zusätzlichen Zug in den Verkehr zu setzen. 

Ihr Anliegen scheint in der Bevölkerung beliebt zu sein. Wie eine Umfrage von Demoscope zeigt, sind 60% der 15 bis 34-jährigen für eine Abschaffung der ersten Klasse. Ihre Petition hat ausserdem das Ziel von 7’000 Unterschriften schon fast erreicht. Was erhoffen Sie sich von dieser Petition? 

Ich möchte ergänzen, dass es die deutschsprachige Version der Petition ist, die fast 7’000 Unterschriften erreicht hat. Über alle Sprachsprachen hinweg haben wir bereits fast 8’000 Unterschriften. Wir wollen mit der Petition vor allem Druck im Parlament erzeugen, damit die Räte das Thema aufgreifen. Es ist ein Thema, das viele Leute anspricht und bewegt. Ich finde, das hat einen Wert, in Bundesbern im Parlament besprochen zu werden. 

Sollte das Parlament nicht auf dieses Anliegen eintreten, können Sie sich vorstellen, eine Volksinitiative zur Abschaffung der 1. Klasse zu lancieren? 

Beim jungVCS alleine fehlen leider die finanziellen Mittel, um eine Volksinitiative komplett alleine aufzustellen. Momentan haben wir noch keine Unterstützung von anderen grossen Organisationen. Theoretisch wäre das natürlich ein Anliegen, von dem wir uns vorstellen könnten, dass es in der Bevölkerung Zustimmung erhält.

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