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19. August 2025
Amnesty Veranstaltung: Studierende fordern Erklärung von Uni Bern
Die Universität Bern entzog im Juni die Bewilligung für die Räumlichkeiten für Veranstaltung von Amnesty International. (Bild: Universität Bern)

Im Juni sorgte die Universität Bern für Empörung: Für die Veranstaltung von Amnesty International mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese entzog die Institution der Menschenrechtsorganisation die Raumnutzungsbewilligung. Die Begründung: Die Ausgewogenheit der Veranstaltung sei nicht gewährleistet gewesen, so die Universität Bern in ihrer Mitteilung vom 26. Juni 2025.

Die Universität geriet in Kritik. Die Gruppe Students for Palestine Bern lancierte im Zuge der Veranstaltung eine Petition. Gefordert werden unter anderem Erklärung für die Zurückgezogene Raumnutzungsbewilligung für die Podiumsveranstaltung «Justice And Accountability For Palestine» und eine öffentliche und konsequente Haltung der Universität Bern zur Einhaltung der Menschenrechte. Das fordern Studierenden in einem erneuten ausführlichen Schreiben an die Universitätsleitung. Verfasst wurde der Brief vom sozialdemokratischen Forum Uni Bern, den Jungen Grünen Uni Bern, dem feministischen Hochschulkollektiv Bern sowie der Juso Stadt Bern.

Obwohl die Veranstaltung bereits mehrere Monate her ist, sei es genau jetzt wichtig das Anliegen nochmals auf den Tisch zu bringen, erklärt David Rietzer. Den Verfasser*innen gehe es darum, dass sich die Universitätsleitung der Diskussion stelle. Und es ginge darum, ergänzt Marc Läderach, dass diese Raumentzugsbewilligung aufgearbeitet werde: «Wir fordern, dass sich die Universität Bern konsequent am Völkerrecht und an Menschenrechten orientiert, auch wenn das politisch manchmal vielleicht schwierig ist im aktuellen Diskurs und dass dabei auch verantwortliche Akteure für Völkerrechtsverstösse klar benannt werden.» Den Studierenden ist es ein Anliegen zu verstehen, wie die Universität zu ihrem Entscheid gelangt ist.

««Wir fordern, dass sich die Universität Bern konsequent am Völkerrecht und an Menschenrechten orientiert.»
Marc Läderach Mitglied Sozialdemokratisches Forum uni Bern

Besonders stören sich die Verfasser*innen daran, dass die Uni die Veranstaltung als „unausgewogen“ bezeichnete – ein Argument, das laut den Initiant*innen juristisch fragwürdig sei. „Ausgewogenheit“ sei kein öffentliches Interesse, das Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit rechtfertige, so ihre Einschätzung. Zudem sei zu wenig auf die vorhandene völkerrechtliche Expertise an der Universität selbst oder auf Fachorganisationen zurückgegriffen worden.

Im Rahmen einer eingereichten Motion im Studierendenrat fordern die Studierenden eine klare Positionierung der Universität für die Einhaltung des Völkerrechts und gegen Völkerrechtsverstösse wie etwas derzeit Gaza. Zudem verlangen sie mehr Raum für Veranstaltungen, Workshops und Lehrangebote zu internationalen Menschenrechts- und Völkerrechtsfragen. Dabei solle insbesondere auch auf die Perspektiven direkt betroffener Forschender und Studierender eingegangen werden.

Ein zentrales Anliegen, so Mark Läderach, sei auch die Unterstützung von Studierenden und Forschenden aus Gaza, deren wissenschaftliche Infrastruktur im Zuge des Genozids zerstört wurde. Die Universität habe in anderen Kontexten – etwa im Fall der Ukraine oder im Iran – bereits gezeigt, dass sie solidarisch handeln könne. Dies solle auch im aktuellen Fall gelten.

Stellungnahme der Universität Bern 19.08.2025

Die Universität Bern nimmt die Kritik an der Entscheidung der Universitätsleitung zum Rückzug der Bewilligung der geplanten Veranstaltung von Amnesty International mit Frau Francesca Albanese zur Kenntnis. Sie versteht die Enttäuschung, die der Entscheid der Universitätsleitung ausgelöst hat [...]. Das Thema Palästinakonflikt ist politisch und emotional sehr aufgeladen und polarisiert enorm. Die Universität Bern steht seit dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober 2023 unter besonderer Beobachtung, und jede Veranstaltung im Bereich Palästina kann, wenn sie als einseitig, parteinehmend oder als Plattform für eine Seite im Konflikt wahrgenommen wird, heftige Reaktionen auslösen. Deshalb hat die Universität 2023 beschlossen, dass nur universitär organisierte Veranstaltungen zum Thema Palästinakonflikt durchgeführt werden dürfen. In diesem Sinne wurden auch andere Veranstaltungsanfragen, etwa der Israelischen Botschaft, konsequent abgelehnt.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Veranstaltung von Amnesty International mit einer von der UNO mandatierten Fachperson durchgeführt werden sollte, war die Universitätsleitung zunächst gewillt, davon eine Ausnahme zu machen und ein Zeichen der Öffnung zu setzen. Dies aber immer unter der ausdrücklichen Bedingung, dass die Veranstaltung ausgewogen und wissenschaftsbasiert sein müsse. Es gab indessen von Anfang an Zweifel an deren Ausgewogenheit. Damit ist nicht gemeint, dass Verletzungen der Menschenrechte und allfällige Kriegsverbrechen nicht klar benannt werden dürfen, sondern dass sachlich informiert und auf eine einseitige Parteinahme verzichtet wird. Diese Bedenken wurden Amnesty International mitgeteilt. [...] Anderseits gab es Zweifel und Kritik bezüglich Veranstaltungsart und Person.

[...] Die Universität Bern hat sich den Entscheid nicht leicht gemacht, auch aufgrund der Reaktionen, die Aktionen aus der Universität in diesem durch Zuspitzung und Verabsolutierung geprägten Konfliktfeld auslösen können. Die Universität Bern war sich bewusst, dass unterschiedliche Interessen auf dem Spiel standen, und sie hat eine möglichst sorgfältige Abwägung vorgenommen. Letztlich hat sie sich – wie andere Universitäten übrigens auch – dagegen entschieden, die Universität als Plattform für die betreffende Veranstaltung zur Verfügung zu stellen.

[...] Die Universität Bern steht uneingeschränkt für die Werte der Wissenschafts- und Meinungsäusserungsfreiheit ein. Sie fördert wissenschaftliche Veranstaltungen aus ihren Reihen, welche zum Verständnis von Zusammenhängen und Hintergründen beitragen. Die Universitätsleitung wird sich auch im Rahmen ihrer kommenden Klausur mit solchen Themen eingehend auseinandersetzen – und mit der Frage, was Rolle, Aufgabe und Möglichkeiten der Universität in einer solchen Situation und in der immer komplexer werdenden Welt sind und sein können.

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