Die Vorstellungen vom ungeborenen Leben und wie die Schwangerschaft dieses beeinflusst, variieren je nach historischem Kontext. In der Antike sollten sich Schwangere vor allem mit schönen Dingen umgeben, da sich diese via Mutter auf das Kind einprägten, so dass auch das Kind eine schöne Gestalt annähme. Im 19. Jahrhundert gerät die Psyche der Schwangeren in den Fokus von französischen Psychiatern: Krisen und Entbehrungen würden sich direkt auf das Ungeborene übertragen. Heute steht u.a. die individuelle Optimierung im Vordergrund; Schwangere sollen sich und somit auch ihr ungeborenes Kind optimal versorgen. Mit der Historikerin Caroline Arni sprechen wir über diese Veränderungen, ordnen sie aus einer feministischen Perspektive ein und zeigen auf, inwiefern diese Fragen mit der reproduktiven Gerechtigkeit in Zusammenhang stehen. Arnis Forschungsschwerpunkte sind soziale Beziehungen, Schwangerschaft, Geburt und das Ungeborene, Frauenbewegung und feministische Kritik. Sie ist Autorin des Buches "Pränatale Zeiten. Das Ungeborene und die Humanwissenschaften (1800 bis 1950)" und Professorin am Departement Geschichte der Universität Basel.