Wie soll man mit und über Behinderungen sprechen? Ein neuer Sprachleitfaden der Stadt Bern gibt dazu Hinweise. Die Berner Stadtverwaltung verfügt seit 2014 über einen Sprachleitfaden zum Thema Menschen mit Behinderungen. Die Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (FGMB) hat diesen nun aktualisiert und ergänzt. Was er beinhaltet erklärt Rahel Reinert, Leitern der FGBM im Interview mit RaBe-Info.
Rahel Reinert: In unserem neuen städtischen Sprachleitfaden geht es darum, wie eine respektvolle Sprache aussehen und wie man über und mit Menschen mit Behinderungen sprechen kann. Unser Ziel ist eine Kommunikation auf Augenhöhe mit Menschen mit Behinderungen. Wichtige Punkte sind: Was sind Behinderungen? Wir haben uns hier sehr stark am Verständnis der UNO Behindertenrechtskonvention orientiert. Diese unterscheidet zwischen Beeinträchtigungen und Behinderungen. Der Unterschied liegt darin, dass Beeinträchtigungen auf die individuelle, funktionale Einschränkung fokussieren, die ich als Person zum Beispiel beim Sehen oder Hören habe. Behinderung fokussiert darauf, dass ich als Person mit einer Beeinträchtigung unterwegs bin im Alltag und immer wieder auf Barrieren oder Hindernisse stosse. Ausserdem sollen Menschen mit Behinderung nicht nur auf ihre Behinderungen reduziert werden. Behinderungen sind ein Diversitätsmerkmal. Eine Person hat aber immer auch noch viele andere Diversitätsmerkmale, die sie ausmachen. Und Behinderungen sind nicht mit Krankheiten gleichzusetzen.
Wir haben uns als Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sehr intensiv mit einer zeitgemässen Sprache mit und über Menschen mit Behinderung auseinandergesetzt. Uns war die  Sichtweise der Selbstbetroffenen wichtig und wir haben uns orientiert an der UNO Behindertenrechtskonvention, die den Fokus sehr stark auf gesellschaftliche, soziale wie auch physische Barrieren legt. Zusätzlich haben wir Fragen aufgenommen, welche immer wieder stadtintern auftauchen, uns zu uns gelangen und haben versucht, diese im Sprachleitfaden zu beantworten.
Weiterhin ist die erste Zielgruppe sicher die Mitarbeitende der Stadt Bern. Aber wir freuen uns auch, wenn sich die Medien, die Zivilgesellschaft und die breite Bevölkerung interessiert, den Sprachleitfaden liest. Wir nehmen immer wieder eine Verunsicherung wahr bezüglich korrekt verwendeten Begrifflichkeiten und wir hoffen, dass dieser Leitfaden nun etwas mehr Sicherheit in der Kommunikation zu Menschen mit Behinderungen geben kann.
Die Stadt Bern verfolgt grundsätzlich den Ansatz von Disability Mainstreaming. Das heisst, dass nicht wir als kleine Fachstelle vor allem in erster Linie Projekte und Massnahmen initiieren, sondern wir versuchen, dass in der gesamten Stadtverwaltung Massnahmen ergriffen werden, um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen voranzubringen. Gerne erwähne ich hier unsere Informationsplattform Berner Freizeit barrierefrei. Das ist eine Informationsplattform digital, wo man sich informieren kann, wie die Barrierefreiheit von vielen städtischen Freizeitangeboten aussieht. Dies soll eine große Unterstützung für Angehörige von Menschen, von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bieten.
Zuletzt kann ich ein Monitoring erwähnen. Wir monitoren alle städtischen Büroarbeitsplätze, die in Verwaltungsgebäuden sind und werden den Stand der Barrierefreiheit dann auf den Stadtplan hinaufladen, wo man sich auch als Selbstbetroffene jederzeit informieren kann, wie der barrierefreie Zugang von Verwaltungsgebäuden in der Stadt Bern aussieht.
Das ganze Interview zum Nachhören.
