Am Abend des 30. Mais 1980 versammelten sich mehrere Hundert Jugendliche vor dem Zürcher Opernhaus, um gegen die Kulturpolitik der Stadt Zürich zu protestieren. Kurz zuvor hatte die Stadtregierung rund 60 Millionen Franken für die Sanierung des Opernhauses bewilligt. Die Forderungen der Jugend nach alternativen Angeboten und einem autonomen Jugendzentrum lehnten die Stadtoberen jedoch ab. Im Verlauf der Demonstration, zu der sich am späteren Abend Besucher*innen eines Bob-Marley-Konzerts gesellten, schlug der Protest in gewaltsame Zusammenstösse um: Die Demonstrierenden warfen Bretter, Farbbeutel und Eier gegen die Polizei, diese antwortete mit dem Einsatz von Gummischrot und Tränengas. Bis in die Morgenstunden hinein kam es sodann rund ums Bellevue zu Randalen.
Der sogenannte Opernhauskrawall bildete den Auftakt zu einer zwei Jahre andauernden konfliktgeladenen Phase, die geprägt war von immer wieder in Gewalt ausartendem Strassenprotest, aber auch neuen Formen kultureller und politischer Manifestationen rund um das Autonome Jugendzentrum (AJZ).
Die Proteste richteten sich generell gegen die engstirnigen Behörden und sie thematisierten sozialpolitische Anliegen wie Wohnungsnot oder Überwachungsstaat. Dabei setzte «d Bewegig» nicht nur auf Demonstrationen, sondern auch auf Sprachwitz: Absichtlich groteske Forderungen wie «Macht aus dem Staat Gurkensalat» oder «Nieder mit den Alpen – Freie Sicht aufs Mittelmeer!» sind heute noch geläufig.
Die Bilanz im Jahr 1982: Hunderte von Verletzten auf beiden Seiten, ein an einem Herzinfarkt gestorbener Polizist, hunderte Festnahmen und Strafverfahren, bedingte Freiheitsstrafen für ein paar Dutzend Demonstranten sowie Sachschäden in Millionenhöhe. Aber auch alternative Kultur: Die Zürcher Stadtregierung erkannte irgendwann die Zeichen der Zeit und überliess den Jugendlichen die Rote Fabrik als Kulturzentrum. In den Jahren darauf erfüllten sich weitere Forderungen der Jugendlichen. Bis 1990 wurde das städtische Budget für Alternativkultur verzehnfacht. Nach der Roten Fabrik gab es schliesslich auch die Kanzlei, das Theaterhaus Gessnerallee und das Jugendkulturhaus Dynamo. Sie alle existieren noch heute. Einer der sich intensiv mit den Jugendunruhen in den frühen 80er-Jahren befasst hat, ist der Titularprofessor für Geschichte der Neuzeit und Leiter des Schweizerischen Sozialarchivs Christian Koller. Im Zeitsprung blicken wir gemeinsam mit ihm 40 Jahre zurück an den Abend, an dem im Mai 1980 alles begann.