RaBe-Info
Von
Noah Pilloud
am
11. April 2025
Samos: Erste Fälle von Mangelernährung bei Kindern auf der Flucht
© MSF/Evgenia Chorou

Auf den Ägäisinseln betreibt Griechenland deshalb mehrere Lager für Geflüchtete. Dafür zahlen die EU und auch die Schweiz Griechenland Geld. Doch die Bedingungen in den Camps stehen immer wieder in der Kritik. Nun hat die Organisation Ärzte ohne Grenzen in einem Camp auf Samos Fälle von Mangelernährung bei Kindern entdeckt.

Betroffen sind sechs Kinders im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren. «Für uns ist das besorgniserregend», sagt Sonia Balleron, Landesverantwortliche in Griechenland bei Ärzte ohne Grenzen. Die Fälle würden etwas darüber sagen , welche Nöte und Schwierigkeiten die Menschen auf der Flucht erdulden müssen, sagt Balleron weiter.

«Die Bedingungen in den Camps sind nicht dafür gemacht, dass Patient*innen gut genesen können»
Sonia Balleron MSF-Landesverantwortliche in Griechenland

Oft gestalte sich die Ernährung auf der Flucht schwierig. Auch ein Besuch bei Ärzt*innen kommt auf der Flucht selten in Frage. Viele Menschen, die in Griechenland ankommen hätten seit Monaten kein*e Ärzt*in besucht, sagt Sonia Balleron. Entsprechend wichtig sei es, dass die Geflüchteten bei der Ankunft im Camp die entsprechende medizinische Versorgung erhalten. «Die Bedingungen in den Camps sind aber nicht dafür gemacht, dass Patient*innen gut genesen können oder bestimmte Krankheiten früh erkannt werden», erklärt Balleron.

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen betont, dass die Bedingungen in den Camps nicht zwingend für die Fälle von Mangelernährung verantwortlich sein müssen. Oft liege die Ursache für die Mangelernährung bereits im Herkunftsland, sagt Sonia Balleron. Dazu kommen die Bedingungen auf der Flucht.

Grundsätzlich geraten die Bedingungen in den griechischen Camps aber immer wieder in die Kritik. Vergangenen November äusserten 8 zivilgesellschaftliche Organisationen in einem offenen Brief an die griechischen Behörden ihre Bedenken. Über die Situation im Camp auf Samos berichtete etwa vor wenigen Wochen das Onlinemagazin Republik. Im Fokus stand dabei der Bereich für unbegleitete Minderjährige.

Die Organisation «Refugee Support Aegean» schreibt in einem Bericht vom letzten Dezember über die medizinische Versorgung im Camp auf Samos:

«In der Unterkunft herrscht ein erheblicher Mangel an Ärzten, Medikamenten und medizinischem Material. Asylbewerber haben keine Gesundheitskarten, Vorsorgeuntersuchungen und Screenings finden überhaupt nicht statt.»

«Die Auszahlung der finanziellen Unterstützung war in den letzten Monaten eingestellt worden. Die letzte gezahlte Rate fand im April 2024 statt.»
Refugee Support Aegean Hilfsorganisation

Bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln kann finanzielle Unterstützung Abhilfe verschaffen. Nach griechischem Recht erhalten registrierte Asylsuchende eine solche Unterstützung monatlich bar ausbezahlt. Für viele Geflüchtete sei dieses Bargeld wichtig, sagt Sonia Balleron von Ärzte ohne Grenzen: «Viele unserer Patient*innen haben erwähnt, dass dies sehr wichtig ist, weil sie damit notwendige Güter kaufen können, zu denen sie sonst keinen Zugang hätten.»

Doch diese Unterstützung lasse seit neun Monaten auf sich warten, erzählt Balleron. Das erschwere die Situation zusätzlich. Die Organisation «Refugee Support Aegean» schreibt zu den Finanzhilfen: «Die Auszahlung der finanziellen Unterstützung war in den letzten Monaten eingestellt worden. Grund waren Probleme bei der Mittelverwaltung seitens des Ministeriums für Migration und Asyl. Die letzte gezahlte Rate fand im April 2024 statt. Unseren Informationen zufolge haben Asylsuchende im Oktober rückwirkend Zahlungen für die Monate Mai und Juni erhalten. Die Raten für die Monate ab Juli stehen jedoch noch aus.»

Dass es bei der Auszahlung derzeit zu Verzögerungen kommt, steht auch in einem Bericht, den die Europäische Kommission Anfang Monat zuhanden des Europäischen Rats und des Europaparlaments geschrieben hat. Wann diese Verzögerungen wieder aufgeholt sind, ist derzeit nicht klar. Dass es bis dann zu weiteren Fällen von Mangelernährung kommt, ist nicht auszuschliessen.

Und die betroffenen Kinder auf Samos? Ärzte ohne Grenzen konnte sie behandeln, sagt Sonia Balleron. Der Zustand der Kinder sei stabil, einige hätten sogar wieder an Gewicht zugenommen.

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