RaBe-Info
Von
Noah Pilloud
am
27. März 2025
SRF-Reportage über die Junge Tat wird dem eigenen Anspruch nicht gerecht

Für eine Reportage begleitete das SRF die rechtsextreme Gruppierung «Junge Tat» ein halbes Jahr lang. Nach eigenen Angaben solle der Film aufklären und die Strategien der Gruppierung kritisch analysieren.

Wie erfolgreich die Reportage damit ist, darf angezweifelt werden. Der Beitrag stiess im Netz auf heftige Kritik. Die Mitglieder der Jungen Tat teilten den Film derweil freudig. «Gar nicht so schlechte Werbung», kommentierte ein Sympathisant darunter. Dieses Resultat ist nicht weiter verwunderlich, bricht die Reportage doch schon von der Herangehensweise her mit einem wichtigen Grundsatz: Mit Faschist*innen nicht reden!

Dabei wäre es eigentlich ganz einfach: Mit Faschist*innen spricht man nicht, weil man ihnen und ihrer kruden Weltsicht nur unnötig Plattform bietet – und so ihr Spiel mitspielt. So einfach das zu verstehen ist, so schwierig scheint es für manche Medienschaffende, es umzusetzen. Schon zu Beginn der Reportage wird klar: Was jetzt folgt wird einiges an kritischer Reflexion vermissen lassen. Die ersten beiden Minuten bestehen fast zur Hälfte aus einer Collage von Propagandavideos der Jungen Tat.

Ganz unreflektiert ist der Film nicht. Der Reporter will die Gruppierung kritisch einordnen und auch seine eigene Rolle dabei hinterfragen. Das tut er zuweilen ziemlich differenziert. Nach einer öffentlichkeitswirksamen Aktion der Jungen Tat mit Martin Sellner an der Schweizer Grenze, denkt der Reporter laut darüber nach, dass solche Aktionen dazu da seien, Aufmerksamkeit zu generieren und gewisse Begriffe im Diskurs zu verankern. Auch die eigene Reportage schaffe diese Aufmerksamkeit, sinniertder Reporter vor sich hin. Er wolle mit der Reportage aber zeigen, welche Strategien die Junge Tat nutzt, um ihre Ideen in der Mitte der Gesellschaft zu verbreiten, rechtfertigt er sich gleich darauf.

Nur: Das geschieht nicht wirklich. Im Film ordnen der SRF-Extremismusexperte sowie ein Strafrechtsprofessor die Gruppierung kurz ein. Am Ende konfrontiert der Reporter die beiden Anführer der Gruppe mit kritischen Fragen. Dazwischen: Ziemlich viel Redezeit, in der die Rechtsextremisten ihre Ansichten weitgehend unwidersprochen verbreiten können. Die Gruppierung kontrolliert dabei genau, wann und wen der Reporter Filmen kann und mit wem er worüber spricht. Die Mehrheit der Mitglieder wird unkenntlich gemacht.

Das alles wäre nicht nötig gewesen. Das selbsterklärte Ziel – Aufzeigen, welchen Strategien sich die Gruppierung bedient – das wäre auch möglich gewesen, ohne mit ihnen zu sprechen.

Warum tut es der SRF-Reporter trotzdem? Weil es aufregend und prickelnd ist. Das hat wenig mit dem Reporter als Person zu tun. Vielmehr ist es Ausdruck dessen, wo die Medienbranche derzeit steht: Formate wie «rec.» – die biederen, angepassten Enkelkinder des Gonzojournalismus – sind zurzeit besonders erfolgreich.

Die Innovation und das Disruptive ihres geistigen Vorfahren geht diesen Formaten jedoch ab. Übrig bleibt der Fokus auf die Reporter*innen als Person. Fakten und Recherchearbeit sind dagegen nur zweitrangig.

Und noch immer schwingt dabei ein gewisses Männlichkeitsbild mit: Der Journalist, der auf keiner Seite steht, auf Konfrontation geht und die unangenehmen Fragen stellt. Im schlimmsten Fall endet das bei unerträglicher Selbstdarstellung. Im besten Fall bietet es leichte Unterhaltung.

Bei manchen Themen mag das funktionieren. Aber nicht, wenn es um Faschismus geht. Da braucht es viel Faktenwissen und Selbstreflexion, um sich nicht zum Spielball zu machen.

Und nicht vergessen: Die Regel Nummer 1 lautet: Mit Faschist*innen nicht reden!

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