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1. Oktober 2025
Jakartas Künstler*innen inmitten der Proteste
Gisela Swaragita
Foto: Gisela Swaragita Die Unzufriedenheit der Proteste richtete sich stark gegen die Polizei.

In der indonesischen Hauptstadt Jakarta brannten Ende August mehrere öffentliche Gebäude. Die Proteste hatten bereits einige Tage angedauert, als am 28. August die Wut der Bevölkerung endgültig explodierte. Einen Monat später ist die Spannung in Jakarta noch immer spürbar, auch wenn die Proteste nicht mehr den Alltag prägen.

Teil der Protestbewegung war auch die lokale Kunstszene. Was sie beschäftigt zeigt die Onlinepublikation «Norient City Sounds: Jakarta», die just zu jener Zeit aufgeschaltet wurde, als die Proteste in vollem Gang war. Vor wenigen Tagen, also genau einen Monat nach den Protesten konnte die virtuelle Ausstellung in Jakarta Vernissage feiern.

«Das Ausmass der Ausschreitungen war mir anfänglich nicht bewusst.»
Gisela Swaragita Künstlerin und Journalistin

Gisela Swaragita ist Kuratorin des «Norient City Sounds: Jakarta». Sie erzählt, dass sie sich am 28. August, als die Proteste eskalierten in einem Zoom-Interview befand: «Dieses funktionierte plötzlich nicht, weil die Regierung die Sozialen Medien einschränkt hatte, wie ich im Nachhinein feststellte». Das Ausmass der Aussschreitungen war ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.

Spät abends fuhr sie mit ihrem Partner durch die Stadt entlang der Schauplätze des Geschehens. Die Militär- und Polizeipräsenz war aussergewöhnlich hoch. Bei der getöteten Person handelt es sich um den 21-jährigen Affan Kurniawan. Er war dabei, Essen auszuliefern, als ihn ein Polizeiauto auf seinem Motorrad rammte.  Es war der Moment, der die Situation richtig eskalieren liess. Swaragita nahm am Tag darauf an den Demonstrationen vor dem Polizeigebäude teil. Dort sei es aber relativ ruhig geblieben.

Die Proteste hatten begonnen, weil das Parlament eine Wohnzulage für die Abgeordneten beschlossen hatte. Dies obschon die meisten Indonesier*innen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Es war der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hat. Neben den ökonomischen Problemen nennt Swaragita die Umweltzerstörung durch die Regierung und private Unternehmen, als Ursachen für die Unzufriedenheit. Die Regierung und Unternehmen bedrohen damit indigene Gemeinschaften. Die Auswirkungen der Klimakrise zeigen sich ausserdem ganz real an Jakarta. Die Hauptstadt droht in den nächsten Jahrzehnten zu versinken: «Es ist nicht zu bestreiten, dass Jakarta nicht für immer hier sein wird.»

«Ich habe gelernt, dass es unmöglich ist, Jakarta als ein Ganzes abzubilden»
Gisela Swaragita Künstlerin und Journalistin

Die Künstler*innen in Gisela Swaragitas Umfeld waren wie sie selbst dabei bei den Protesten. Sie haben  Informationen zu den Demonstrationen in ihren unterschiedlichen Aktivist*innen Kreisen geteilt und ihr engeres Umfeld sensibilisiert. Einige leisteten medizinische Unterstützung.

Für viele ist unabhängige Kunst zudem bereits eine Form des Widerstands. Swaragita sieht es als Akt des Widerstands eigene unabhängige Räume für Musik und Kunst zu schaffen. Damit kämpfen sie und ihre Freund*innen gegen eine stattfindende Kommerzialisierung von Kunst.

Als solchen Raum sieht Swaragita das «Norient City Sounds». Es eröffnet viele Blickwinkel auf die Stadt Jakarta, über die aktuellen Schlagzeilen hinaus. Durch ihre kuratorische Tätigkeit hat sich Gisela Swaragitas Blick auf ihre eigene Stadt verändert: «Ich habe gelernt, dass es unmöglich ist, Jakarta als ein Ganzes abzubilden. Das Projekt zeigt Jakarta aus meiner Perspektive und jener ihrer Freund*innen.» Diese Perspektive ist die, einer queeren und unabhängigen Musikszene.

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