Zankapfel Ladenöffnungezeiten: Die Läden müssen in der Berner Innenstadt ab Januar 2026 wieder um 17 Uhr schliessen. Die Gewerkschaften freuts, die Bürgerlichen nervts.
Am Samstag nach 17 Uhr noch schnell einen Blumenstrauss oder eine Flasche Rotwein kaufen: In Bern kein Problem. Seit bald 2 zwei Jahren sind die Läden in der Innenstadt am Samstag bis 18 Uhr geöffnet, der Abendverkauf am Donnerstag ist jedoch verkürzt bis 21 statt 22 Uhr. Die Idee: das lokale Gewerbe stärken und damit der Konkurrenz aus dem Onlinehandel entgegenwirken. Doch diese Idee geht nicht auf. Die Umsätze steigen durch den Samstagsverkauf nicht an. Unbehagen gibt es nicht nur in der Ladenkasse, sondern auch bei der Belegschaft. Vier von fünf Angestellten sind gegen die längeren Öffnungszeiten. Das zeigt eine Umfrage im Auftrag des Regierungsrates. Auch die Mehrheit der Geschäfte lehnt die neuen Ladenöffnungszeiten ab. Das Projekt wird somit nicht weitergeführt. Das beschloss der Regierungsrat. Die Läden schliessen ab Januar wieder ab 17 Uhr.
Die Gewerkschaften freut es. Jacob Rohde, Sekretär des Gewerkschaftsbundes Kanton Bern, sagt: «Wir hatten von Anfang an klare Signale vom Personal im Detailhandel, dass eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten am Samstag als enorme Mehrbelastung empfunden wird. Schon jetzt herrscht im Detailhandel ein grosser Druck auf das Personal, das Privatleben leidet entsprechend.»
Dem widerspricht Chantal Perriard, Stadträtin der FDP. Der Entscheid sei schlichtweg falsch, Bern verliere dadurch an Attraktivität: «Wir wissen, dass verlängerte Öffnungszeiten die Innenstadt lebendiger machen und damit auch den Detailhandel stärken. Zudem geben sie der Kundschaft mehr Flexibilität.» Der Regierungsrat politisiere an den Interessen der Stadt Bern vorbei: «Die Konsumenten wünschen sich allgemein mehr Flexibilität. Viele arbeiten, pendeln oder möchten am Abend in Ruhe einkaufen. Es geht nicht darum, dass alle Geschäfte länger offenhaben müssen. Aber diejenigen, die das möchten, sollten die Möglichkeit dazu haben.»
Das sieht Jacob Rohde anders. Man müsse zwar anerkennen, dass der Detailhandel durch das Onlineshopping unter Druck stehe. «Wir sind aber der Meinung, dass gerade das Personal mit seiner Kompetenz und seiner Beratungsexpertise der entscheidende Trumpf des stationären Detailhandels gegenüber dem Onlinehandel ist. Deshalb müsste ins Personal und in die Arbeitsbedingungen investiert werden, um dieses strukturelle Problem anzugehen – und nicht auf Kosten der Beschäftigten die Bedingungen weiter verschlechtert werden.»
Chantal Perriard von der FDP winkt ab. Längere Öffnungszeiten müssten nicht mit schlechteren Arbeitsbedingungen einhergehen: «Wir wissen, dass sich mit Schicht- oder Teilzeitmodellen faire Lösungen umsetzen lassen. Und wie gesagt: Es soll keine Pflicht sein, sondern eine Möglichkeit, die Geschäfte weiterhin haben sollten – selbstverständlich mit fairen Arbeitsbedingungen.»
Noch bis Ende Jahr können die Läden am Samstag und vor Feiertagen bis 18 Uhr offenhaben. Ab Januar 2026 gelten dann wieder die ursprünglichen gesetzlich möglichen Ladenöffnungszeiten. Sprich: bis 17 Uhr am Samstag und vor Feiertagen und bis 22 Uhr am Donnerstag.