RaBe-Info
Von
Sarah Heinzmann
am
15. Mai 2025
«Cis Männern fehlt es an Raum für Verletzlichkeit»
Patricia Black
Foto: Patricia Black Am Theaterfestival auawirleben versucht sich trans Künstlerin Gaya de Medeiros heute abend an einer Versöhnung mit der Männlichkeit.

Das Theaterfestival auawirleben lädt bis zum Samstag zum Staunen, Reflektieren und Lernen ein. Unter dem Motto «Good on you» versammeln sich internationale Kunstschaffende hier in Bern. «Good on you» – das heisst so viel wie: «Gut, wie du es machst.» Ein verbales High Five, so die Kuratorin Nicolette Kretz.
Bevor das Festival am Samstag zu Ende geht, schauen wir noch einmal ins Programm. Heute Abend ist in der Dampfzentrale die Performance «Dad for Dinner» der brasilianischen Künstlerin Gaya de Medeiros zu sehen – eine wohlgesinnte Auseinandersetzung mit Männlichkeit.

«Dad for Dinner» ist eine Performance, in der eine trans Frau und ein cis Mann während einer Stunde Männlichkeit und Verletzlichkeit besprechen. Die Komposition der Performance ist simpel, fast schon minimalistisch: Die trans Künstlerin Gaya de Medeiros sitzt an einem Esstisch auf der Bühne – in Gesellschaft eines Cis-Mannes, also eines Mannes, der sich mit dem ihm bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifiziert. Der Mann wird zufällig aus dem Publikum ausgewählt. Gaya de Medeiros selbst ist seit Jahrzehnten Performerin.

Das Ziel der Performance sei, sich näherzukommen, so Gaya de Medeiros. Sie wolle einen Raum kreieren, in dem sich Menschen ohne ihre sozialen Kleider zeigen – ohne das Gewebe, in das Herrschaft, Dominanz, Gewalt und Ablehnung verwoben ist.

«Vor allem Cis-Männern fehlt es an Räumen, um sich verletzlich zu zeigen», so Gaya de Medeiros. Diesen Raum zu kreieren, Männer dazu einzuladen, sich zu öffnen – das sei zwar nicht ihre Verantwortung, aber sie wolle damit auch ihre eigene Geschichte reflektieren.

29 Jahre habe sie gebraucht, um sich mit der eigenen trans Identität wohlzufühlen. Sie habe sich davor in der Anwesenheit von trans Frauen immer unwohl gefühlt: Sie habe Angst gehabt, als kleiner, schwuler, unsicherer Mann entlarvt zu werden.

Nach der Geschlechtsanpassung wollte Gaya de Medeiros der Männlichkeit eine zweite Chance geben – aus der Rolle und Perspektive einer trans Frau.

Aufgewachsen ist Gaya de Medeiros in Brasilien. Nach der Wahl Bolsonaros zum Präsidenten habe die Feindseligkeit gegenüber trans Personen zugenommen. Gaya de Medeiros beschloss, nach Portugal auszuwandern, wo sie seit sechs Jahren lebt und kreativ tätig ist.

Brasilien sei ein ambivalenter Ort – ein Ort der Freude: des Karnevals, der Freiheit, der Queerness. Gleichzeitig sei Brasilien ein Ort, an dem viele queere und trans Personen getötet werden.

Gaya de Medeiros performt ihr Stück auf Portugiesisch, das Publikum kann die Handlung mit deutschen und englischen Untertiteln mitverfolgen. Das Stück ist im Rahmen des Festivals auawirleben in Bern zu sehen.

Das auawirleben läuft dieses Jahr unter dem Motto: «Good on you» – zu Deutsch: «Toll, wie du es machst.» Das Festival versucht, positiven, ermutigenden Geschichten Raum zu geben.

Sie selbst habe lange keine positiven Bilder von Männlichkeit gehabt. Männlichkeit – das sei für sie immer mit Unterdrückung und Gewalt in Verbindung gebracht worden. Da habe sie einfach nicht hineingepasst.

In der Performance gehe es darum, verletzlichere Geschichten über Männlichkeit zu kreieren. «Ein High Five für positivere, zukünftige Narrative», so Gaya de Medeiros.

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