Eine ungewollte Berührung, ein übergriffiger Spruch, eine unangebrachte SMS – sexuelle Belästigung hat verschiedene Gesichter. Vorkommen tut sie auch in der Arbeitswelt. Der Kanton Bern will dem entgegenwirken: Sexuelle oder sexistische Belästigung ist kein Zweierkonflikt, den Arbeitnehmende beim Feierabendbier zusammen klären sollen.
Arbeitgeber*innen müssen dafür schauen, dass es gar nicht erst dazu kommt, sagt Barbara Ruf, Leiterin der Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern des Kantons Bern. Das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) definiert sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Diskriminierung: Wer eine andere Person bei der Arbeit oder am Arbeitsplatz sexuell belästigt, verletzt geltendes Recht.
Die Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern des Kantons Bern hat erkannt, dass ein Bedarf in der Praxis besteht. Der Kanton Bern ist somit neues Mitglied der Trägerschaft von KMU konkret+. KMU konkret+ ist ein Projekt der Gleichstellung der Stadt Zürich. Anika Lünsmann koordiniert das Projekt und erklärt, dass gerade am Arbeitsplatz Sensibilisierung wichtig sei: «Am Arbeitsplatz sind wir in einer anderen Situation; wir alle sind in einem Abhängigkeitsverhältnis.» Die Sensibilisierung sei wichtig, weil alle Arbeitnehmenden ein Recht haben auf einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz, frei von der Verletzung der persönlichen Integrität. Viele Arbeitnehmende seien sich ihren Rechten und Pflichten oft nicht bewusst. Sensibilisiert werden sowohl Führungskräfte als auch Arbeitnehmende ohne Führungsposition.
KMU konkret+ habe insgesamt sehr gute Erfahrungen gemacht. Rückmeldungen von allen teilnehmenden Unternehmen zeigen, dass die Belegschaft sensibilisierter ist, dass Führungskräfte und HR bei Vorfällen sicherer seien und dass Mitarbeitende wüssten, wo sie sich melden können und selbst zu einem respektvollen Arbeitsumfeld beitragen. Vor allem werde die Schulung mit der Einbindung von Theaterszenen geschätzt, sagt Anika Lünsmann. Damit es zur Sensibilisierung führt, bietet KMU konkret+ auch Auffrischungskurse an.
Das seit 2021 bestehende Angebot wird derzeit durch acht Kantone und Städte gemeinsam getragen. Dem Kanton Bern geht es jetzt erst einmal darum, auf das Angebot aufmerksam zu machen, so Barbara Ruf.
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