Die Ehe für Alle steht vielleicht kurz vor der Realisierung, bereits im Mittelalter kannte die Stadt Bern Pandemie-Massnahmen wie Quarantäne, Isolation und Social Distancing und in unserer Serie über Stadtratskandidat*innen nimmt uns Laura Binz (SP) mit an ihren persönlichen Unort, den Ostring. Den Podcast zur Sendung gibts hier:
«Wir können eine grosse Community mobilisieren»
Schon sieben Jahre ist es her, seit die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy eine parlamentarische Initiative zur Ehe für Alle einreichte. Im vergangenen Sommer hiess dann der Nationalrat die Vorlage mit 132 zu 52 Stimmen gut. Dank der Gesetzesrevision sollen gleichgeschlechtliche Paare bald auch in der Schweiz heiraten können, ein Recht, das in weiten Teilen Europas bereits umgesetzt ist. Ebenso will die grosse Kammer die Samenspende für lesbische Paare erlauben, eine Leihmutterschaft für Schwule ist aber auf dem politischen Parkett aber noch kein Thema.
Als Zweitrat wird sich in der Wintersession der Ständerat mit der Gesetzesrevision befassen; ab heute ist die «Ehe für Alle» in der Vorberatung in der zuständigen Rechtskommission. Noch ist die Vorlage nicht unter Dach und Fach, denn Gegner*innen wie die SVP und die EDU argumentieren, dass eine Ehe für Alle unter anderem verfassungswidrig sei.
Salome Zimmermann, Präsidentin des Komitees Ehe für Alle, plädiert für eine zeitgemässe Umsetzung der Bundesverfassung deren Artikel 14 das Recht auf Ehe und Familie gewährleistet. Christlich-konservative Kreise haben bereits mit dem Referendum gedroht, falls die Ehe für Alle in der Winterssession auch vom Ständerat gutgeheissen wird. Einem möglichen Abstimmungskampf schaut Zimmermann optimistisch entgegen: «Wir haben eine grosse Community, die wir mobilisieren können. Wir sind sicher, dass wir eine Volksabstimmung gegen die «Ehe für Alle» gewinnen werden», sagt sie im Interview mit RaBe.
Tödliche Epidemien in Bern vor 500 Jahren
Die Coronakrise hat die Stadt Bern weiterhin fest im Griff und scheint kein Ende nehmen zu wollen. Seit ein paar Wochen steigen die Fallzahlen wieder an, immer mehr Menschen müssen in Quarantäne und in öffentlichen Räumen herrscht eine Maskenpflicht. Schlimmer kann es eigentlich gar nicht mehr kommen, könnte man meinen. Dabei geht jedoch gerne vergessen, dass die Stadt Bern in ihrer 800-jährigen Geschichte schon unzählige Male mit schwerwiegenden Epidemien konfrontiert war. Diese gestalteten sich weitaus dramatischer als die derzeitige Covid-19-Pandemie. Besonders hart traf es die Stadt Bern im 15. und 16. Jahrhundert. Neben schweren Krankheiten wie der Syphilis und der Lepra, grassierte damals vor allem auch die von Ratten übertragene Pest, die teilweise über Jahrzehnte hinweg wütete.
Ebenso wie das Coronavirus kam auch die Pest über internationale Wege nach Bern, schliesslich verfügte Europa im Mittelalter bereits über ausgesprochen gut ausgebaute Handelsnetzwerke. Angesichts der gravierenden Todeszahlen ergriff die Berner Stadtregierung im Mittelalter Notstandsmassnahmen wie wir sie aus der jetzigen Coronakrise kennen: Quarantäne, Isolation und Social Distancing.
Die Grossen Zahl an Pest-Toten im 14., 15., und 16. Jahrhundert hatte auch soziale und wirtschaftliche Folgen. Um die hohen Ausfälle zu kompensieren, war es in der Stadtrepublik Bern üblich, möglichst viele Kinder auf die Welt zu bringen, erklärt die Berner Historikerin Anne-Marie Dubler im Gespräch mit Radio RaBe.
Unort Bern: Mit Laura Binz (SP) im Ostring
Am 29. November wählen die Berner Stimmbürger*innen ein neues Parlament. Für den Stadtrat kandidieren insgesamt 532 Personen auf 19 unterschiedlichen Listen für insgesamt 80 Sitze. Im Rahmen unserer diesjährigen Wahlserie stellen wir bis am 6. November jeden Tag eine Stadtratskandidatin oder einen Stadtratskandidaten vor. Dabei lassen wir alle 15 Parteien, die bereits im Stadtrat vertreten sind, zu Wort kommen. Die Kandidierenden führen uns zu einem Ort in der Stadt Bern, an welchem sie einen Missstand zu beklagen haben – Ein «Unort» sozusagen.
Der Unort von Laura Binz ist der Berner Ostring. «Autos, Strassen und Beton soweit das Auge reicht. Mittendrin ein paar armseelige Bäumlein, die so verloren und fehlplatziert wirken, dass es einem schon fast wieder leid tut.» Binz politisiert seit 2018 für die SP im Stadtrat und geht regelmässig im Ostring einkaufen. Die Gestaltung des öffentlichen Raums und eine nachhaltige Mobilität sind Kernthemen der Historikerin. «Im Ostring muss es wieder möglich sein, draussen zu verweilen», fordert sie und übt scharfe Kritik an der Autobahn die hier mitten durchs Quartier verläuft.