An sämtlichen EU-Aussengrenzen finden regelmässig schwerste Menschenrechtsverletzungen statt. Völkerrechtswidrige Zurückweisungen, Folter, Misshandlungen und Todesopfer nach illegalen Pushbacks gehören mittlerweile zum grausigen Alltag des europäischen «Migrationsmanagements».
Irritierend sei, dass es bisher kaum Untersuchungen oder Verfahren, geschweige denn Bestrafungen der Täter*innen in Uniform gegeben habe, sagt Karl Kopp, Leiter Europa von Pro Asyl.
Das Grundproblem verortet Kopp darin, dass es weder unabhängige Kontrollmechanismen noch klare Verantwortlichkeiten gäbe. Um diesen Missstand anzugehen, hat Pro Asyl gemeinsam mit weiteren Organisationen eine Machbarkeitsstudie über die Schaffung eines unabhängigen Menschenrechtsmechanismus an den EU-Außengrenzen finanziert.
Idealtypisch wolle man dahin, wo man in einem Rechtsstaat eigentlich sein sollte, betont Karl Kopp, nämlich dass Menschenrechtsverletzungen sowohl dokumentiert als auch geahndet werden.
Als ersten Schritt schlagen die Organisationen ein 2-jähriges Pilotprojekt vor. Dabei sollen ausgewählte Vertreter*innen von nationalen Menschenrechts- oder Antifolterkommissionen an einer prekären EU-Aussengrenzstelle den nationalen Grenzschutz und Frontex rund um die Uhr begleiten, und ihre Beobachtungen und allfällige Verstösse dokumentieren.
Die Projektkosten belaufen sich auf rund 3 Millionen Euro. Diese Gelder müsse die EU bereitstellen, betont Karl Kopp. Nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern vor allem auch, um dem Projekt die notwendige Legitimation zu geben. Die EU müsse sich zu diesem Projekt bekennen, weil es kein zivilgesellschaftliches Projekt sei, sondern eines, dass bereits bestehende, staatliche Kommissionen für die Menschenrechtsbeobachtung an den Aussengrenzen einbeziehen wolle.
Derzeit liegt das Pilotprojekt bei der EU-Kommission. Zählen könne man auf die Unterstützung verschiedenster EU-Parlamentarier*innen und nationaler Ombudsstellen, die dem Projekt wohlgesonnen seien. Nun müsse die EU-Kommission entscheiden, ob sie dem Projekt ihren Segen gibt.