RaBe-Info
Von
Simone Keller
am
7. April 2025
«Ich strebe nach dem Moment, in dem ich nach Worten suche.»
Die surrealistische Blues-Dichterin Aja Monet strebt danach, die passenden Worte zu finden. (Foto: Daniel N. Johnson)

Am vergangenen Wochenende trat die surrealistische Blues-Poetin Aja Monet vor einem applaudierenden Publikum auf der Bühne des bee-flat im PROGR in Bern auf. In Brooklyn, NY aufgewachsen, ist in ihren Werken der Einfluss des Black Arts Movement spürbar, das sich in den 1960er und 70er Jahre gründete. Im Alter von 19 Jahren gewann sie den legendären Nuyorican Poets Cafe Grand Slam Poetry Award und steht in der langen Tradition von Dichter*innen, die sich an sozialen Bewegungen aktiv beteiligen. 2023 erschien ihr Debütalbum «when the poems do what they do». Damit zeigte Aja Monet einmal mehr, dass sie eine genaue Beobachterin der Welt ist, die aus der Kraft der Menschen, der Gemeinschaft und der Liebe schöpft.

Aja Monet im Interview bei RaBe Info:

RaBe Info: Gedichte haben ihren Urspruch in der mündlichen Überlieferung. Auf ihrem Debütalbum when the poems do what they do» werden ihre Texte musikalisch begleitet. Wie nehmen Sie Ihre Umgebung durch Sound/ durch Klang wahr?

Aja Monet: Oh, das ist eine gute Frage. Klang ist Leben. Klang ist eine Frequenz und Energie, die erlaubt Dinge wahrzunehmen und zu empfangen. Klang erlaubt, dass dich Dinge erreichen, dich berühren oder bewegen. Ich glaube, es ist einer der vielen Sinne, mit denen wir die Welt um uns herum wahrnehmen, kennen lernen und in Beziehung treten können. Es gibt so viele Geräusche, die ganze Zeit. Sogar Stille kann ein Klang sein.


RaBe-Info: Die Kraft der Gemeinschaft und Solidarität nimmt in ihren Texten eine wichtige Rolle ein. Welche Bedeutung hat die Community/ Gemeinschaft für Ihre Arbeit?

Aja Monet: Wir sind alle hier und werden durch andere ermöglicht. Die Gemeinschaft erdet. Sie kann eine sehr wichtige Ressource sein, um Verantwortung zu übernehmen, um sich zu verbinden und um zu verstehen. Aber auch nicht jede Form von Isolation ist schlecht. Es gibt Momente, in denen man sich zurückziehen und mit sich selbst sein muss, um seine Rolle und seine Beziehung zur Gemeinschaft zu verstehen. Wir sind nur so gut, oder so effektiv in der Gemeinschaft, wie wir mit uns selbst und unserer Arbeit und umgehen. Wenn man mit anderen in Beziehung treten kann, die sich für ihre Verbesserung und ihr authentisches Selbst einsetzen, dann kann dies ein Ort der Verbindung, der Erweiterung und hoffentlich auch der Lösung sein. Wir können uns gegenseitig darüber aufklären, warum wir hier sind und was unser gemeinsamer Zweck ist.


RaBe-Info: Und was glauben Sie,  ist unser gemeinsamer Zweck?

Aja Monet: Die Liebe. Das klingt vielleicht kitschig, aber ich denke, es gibt einen Grund dafür, dass es das beständigste Thema aller grossen Dichter seit Anbeginn der Zeit zu sein scheint. Manchmal ist das, was direkt vor einem liegt, das Tiefgründigste und Notwendigste für uns, um es wahrzunehmen. Aber manchmal nimmt man Dinge für selbstverständlich, wenn sie direkt vor einem liegt.  Die Liebe, obwohl wir so oft über sie sprechen, haben wir als Kultur, als Gesellschaft, nicht wirklich in der Art und Weise verkörpert, die für unsere Entwicklung notwendig ist. Wir haben die ganze Zeit damit verbracht, unsere Technologie auszubauen. Und nicht sehr viel Zeit damit, das menschliche Herz und den Geist weiterzuentwickeln.


RaBe-Info: Aja Monet, was tun Sie, wenn Sie nicht die richtigen Worte finden?

Aja Monet: Eigentlich strebe ich nach den Momenten, in denen mir die Worte fehlen. Das sind die Erfahrungen im Leben, die lebenswert sind: Dann, wenn Worte nicht ausreichen, kein Gewicht haben und man sich fast völlig allein gelassen fühlt. Ich glaube sogar, dass Kommunikation manchmal die menschliche Erfahrung oder das Bedürfnis, sich zu artikulieren, unterdrücken kann. Es gibt die Abstraktheit und die Fähigkeit, einfach nur zu sein und zu verstehen, nicht mit Worten kämpfen zu müssen, die eigentlich gar nicht unsere sind, sondern nur Symbole für Klänge und für den Ausdruck. Aber ja, genau das ist der Kampf. Denn aus irgendeinem Grund habe ich noch immer grossen Spass an der Sprache und liebe sie. Es ist seltsam, aber ich genieße diesen Kampf manchmal. Wenn du jemanden hörst, der Worte für etwas gefunden hat, das du durchgemacht hast, sei es Trauer, Verlust, Kampf, Triumph, Konfrontation, Verwirrung und jemand anderes ist in der Lage, es auf eine Art und Weise zu artikulieren und auszudrücken, die sich mit dir verbindet, dann löst dies ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Bewusstseins aus. Und dann denkst man vielleicht, ich muss es nicht mehr sagen, weil andere es bereits gesagt haben. Aber ich möchte anderen Leuten auch dieses Gefühl geben. Und das ist wahrscheinlich dieser Teil meines Strebens und des Kampfes. Auch auch gerade jetzt, in diesem Moment kämpfte ich darum, einige meiner tiefsten, Gefühle zu vermitteln, die ich zu ihren Fragen habe. Das heisst. Irgendwann muss man vielleicht auch einfach seinen Mund halten. 

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