Als in den 1930er-Jahren immer mehr Haushalte ein Radiogerät zu Hause stehen hatten, bescherte dies nicht allen gleich viel Freude. So standen etwa Zeitungen dem neuen Medium ziemlich kritisch gegenüber, zumal es drohte, ihnen den Rang abzulaufen. Ein Mann, welcher das neue Medium Radio nutze, aber der blauäugigen Haltung der Hörer*innen ebenfalls kritisch gegenüberstand, war Orson Welles (1915-1985). Mit seinem Hörstück «Krieg der Welten» – eine Adaption des Science-Ficiton-Klassikers «War of the Worlds» (1898) von H.G. Wells – wurde Welles zum wichtigen Innovator fürs Radio.
In «War of the Worlds» lässt Welles gekonnt Fiktion mit vermeindlicher Realität verschmelzen. So wird das Hörstück von real klingenden News-Durchsagen unterbrochen, welche die Landung von Raumschiffen vermelden. Den UFOs entsteigen Marsianer, welche umgehend gewalttätige Angriffe auf die Bevölkerung starten. Dies alles wird den Zuhörer*innen Zuhause vor den Radiogeräten via Live-Schaltungen zu (fiktiven) Reportern vor Ort vermittelt. Als die aufgeregten Reporter von schlangenähnlichen Wesen mit furchtbaren Gesichtern sprechen, welche mit ihren Laser-Pistolen wahllos Menschen über den Haufen schiessen würden, bricht die Verbindung plötzlich ab. Offenbar wurden auch die Reporter getroffen, während die Marsianer dabei sind, die Welt zu übernehmen – dies die naheliegende Schlussfolgerung für die Zuhörerschaft.
In den Tagen nach der Ausstrahlung vermeldeten amerikanische Zeitschriften, dass «War of the Worlds» für Massenpaniken gesorgt habe, weil viele Hörer*innen die vermeintlichen Angriffe der Marsianer für real gehalten hätten. Heute gehen Expert*innen davon aus, dass eine solche Massenpanik wohl kaum stattgefunden haben dürfte. Vielmehr hätten Zeitungen das Hörstück zum Anlass genommen, den Radioleuten Verantwortungslosigkeit und Irreführung vorzuwerfen. Somit kann Orson Welles 60-minütiges Hörspiel durchaus als Lehrstück zitiert werden, welchese Mechanismen im Umgang mit neuen Medien offenlegt.