In der hörbar-Sendung am 8.10. um 21 Uhr wird es drei Hörstücke von Ludwig Berger auf eure lauschenden Ohren geben. Darunter auch eins meiner all time favorites „1959„.
In dieser kleinen Werkschau werden wir ganz Verschiedenes zu hören bekommen: viel Komposition mal mit montierten Fledaufnahmen oder elektronisch erzeugten Klängen, Kassettenaufnahmen aus der Kindheit des Klangkünsterlers, Steine die auf Steppenboden fallenmal, poetische und informative Texte, pfälzer Dialekt und Dinge die unser Gehirn nicht mit Worten beschreiben kann.
Eigengrau (Radiofeature, 2013)
Wie klingt die optischen Stille? Wie verändert sich unsere Wahrnehmung, wenn nicht wie üblich 80% aller Informationen vom Sehsinn geliefert werden? Bedeutet Dunkelheit nur die Abwesenheit von Licht? Jenseits der üblichen Konnotationen begibt sich das Feature auf die Suche nach der eigenen Qualität der „Schattenseite“. Im ebenfalls sichtlosem Projektionsraum der Lautsprecher werden äußerst unterschiedliche Orte erkundet, in denen absolute Dunkelheit herrscht.
CUYO (Soundscape-Komposition, 2013)
Steppen, Wüsten und hohe Berge dominieren die Region Cuyo im westlichen Argentinien. Wo die Landschaft durch eine komplexe Infrastruktur bewässert wird, entstehen fruchtbare Täler und Oasen mit reicher Vegetation. Das Stück bewegt sich zwischen diesen Extremen von „natürlicher“ Trockenheit und menschengemachter Fruchtbarkeit.
Durch Improvisation vor Ort wurde das Material der oft stillen Landschaft artikuliert: Erdbrocken und Steine fliegen durch Canyons, versiegendes Wasser knistert in Salzwüsten, Hölzer fallen auf Kakteen, Sand rieselt auf Müllhaufen. Diese montierten Feldaufnahmen sind abgesehen von leichten Filterungen und Stereo-Verteilungen unbearbeitet.
1959 (Hörstück, 2012)
1959 untersucht die Beziehung zwischen Aufzeichnung und Erinnerung, zwischen der fixierten Zeit des Mediums und der fließenden Zeit des Gedächtnisses. Verschiedene Szenen und Reflexionen finden zusammen in einem „Theater der Vergangenheit, das unser Gedächtnis ist“ (Gaston Bachelard).
Das Hörstück verwendet Aufnahmen von präparierter Harfe, Klavier, Flöte, Elektronik, Kassetten, Telefonen, Wind, Wasser, Familienstimmen, Haus und Heimatdorf. Die Aufnahmen stammen aus Bergers vergangenen sechs und ersten sechs Lebensjahren.
Das Stück ist der Erinnerung an seine Mutter gewidmet (*1959).
Ludwig Berger ist Komponist und Klangkünstler, aufgewachsen zwischen Elsass (F) und Pfalz (D). Er studierte Musikwissenschaften, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaften in Eichstätt sowie Elektroakustische Komposition bei Robin Minard an der Hochschule für Musik Weimar. Derzeit lebt er in Zürich, wo er am am Institut für Landschaftsarchitektur der ETH zu Klang und Architektur forscht und lehrt.
Zu seinem Werk zählen elektroakustische Kompositionen, Installationen, Interventionen im öffentlichen Raum, sowie Film- und Theatermusik. Momentan interessiert er sich für Abwesenheit, Akustik, Amplifikation, Architektur, Auflösung, Bläue, Dunkelheit, Erinnerung, Gehen, Gletscher, Infrastruktur, Kartographie, Kollektivität, Materialismus, Mikrofonie, Nicht-Orte, Nicht-Zeit, Psychogeographie, Radiophonie, Spuren, Systeme, Teleperzeption, Translokalität, Wind und Zeitlichkeit.
Sein Werk wurde mehrfach ausgezeichnet (u. a. mit Honorary Mention Ars Electronica 2017, Musica Viva Kompositionspreis 2014 und der »Besten Inszenierung« beim Leipziger Hörspielsommer 2014).