Eigentlich gehört auf den neusten Wurf von Matto Kämpf und Yves Nussbaum alias Noyau ein Warnkleber drauf. Aussehen tut das soeben im Verlag Der gesunde Menschenversand erschienene Büchlein «D Chatz isch zur Sou» nämlich wie ein Werk, das sich in erster Linie an Kinder richtet. Tut es aber nicht. Beziehungsweise wenn man als Elternteil nicht will, dass der Nachwuchs dereinst viel Geld für psychologische Behandlung wird ausgeben müssen, wird man sich beim Vorlesen und Erklären der Bilder in diesem Büchlein sehr genau überlegen müssen, wie es vorzugehen gilt.
«D Chatz isch zur Sou» ist nach Tierweg 1 die zweite Zusammenarbeit für junges Publikum aus dem Hause Kämpf (Text und Idee) und Noyau (Illustration). Das Cover des rund 20-seitige Büchleins ziert ein Hund in gelber Latzhose und blauer Schirmmütze, der gerade am Schaufenster einer Metzgerei vorbeispaziert. Besagter «Hümpu» ist auf der Suche nach der «Chatz». Wen auch immer er fragt, antwortet mit einem Euphemismus, der das Ableben besagter Katze vermuten lässt. «D Chatz het ids Gras bisse» behauptet da zum Beispiel der Geier oder «D Chatz het dr Löffu abgä» quikt ein Ferkel. Das Büchlein funktionier so, dass jeweils auf der nächsten Seite die vorangegangene Redewendung bildlich dargestellt wird. Wenn also zum Beispiel behauptet wird, die Katze habe ins Gras gebissen, befindet sich der Hund auf der nächsten Seite auf einem Fussballplatz, wo ein tätowierter «Schütteler» nach einem groben Foul so fällt, dass sein Mundwerk tatsächlich ordentlich Gras abbekommt.
Nach dem Fussballer ist dann allerdings bald einmal fertig mit lustig, greifen Kämpf und Noyau doch gesellschafts- und umweltpolitisch aktuelle Aspekte auf eine Art und Weise auf, die einem das Lachen im Hals stecken bleiben lassen. Das Schwein, welches der Hund besucht, wird mit Trichter im Mund brutal gemästet und gleichzeitig mit Medikamenten vollgespritzt. Auf die Auskunft «D Chatz luegt d Radisli vo unger a» landet der Hund bei dunkelhäutigen Feldarbeitern, die unter widrigsten und gefährlichen Umständen ihre Arbeit verrichten müssen. geflüchtet Menschen, ausgesetzte Hunde, Minenarbeiter und Opfer von Umweltkatastrophen, sie alle dienen zur wortwörtlichen Umsetzung von tödlichen Redewendungen.
«D Chatz isch zur Sou» trägt ganz und gar die Handschrift des Matto Kämpf: lakonischer Humor und Freude am Kruden, dabei aber auch wacher Geist und gesellschaftspolitisches Bewusstsein. In seinen Illustrationen packt Yves Noyau diesen Geist in stimmige Bilder und zeigt dabei viel Liebe zum Detail.
Am Schluss des Büchleins *Spoileralarm* sorgen Kämpf und Noyau dann trotzdem für einen versöhnlichen Kinderbuch-Abschluss: Der Hund findet die Katze wohlauf und unversehrt. Zwar auf einer Müllhalde, aber unversehrt.
Am 14. September 2019 wird «D Chatz isch zur Sou» um 16 Uhr im Café Kairo getauft