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Die Revolution begann im Radio

Anfang der 1970er-Jahre ist Portugal eines der letzten Länder in Europa, das noch Kolonien besitzt. Die Unabhängigkeitsbewegungen werden im Kolonialkrieg unterdrückt. Innerhalb der Streitkräfte wächst aber der Widerstand gegen die Kolonialpolitik und das salazaristische Regime insgesamt.

Am 25. April 1974, also genau heute vor 50 Jahren, kommt es zum Putsch durch die sogenannte «Bewegung der Streitkräfte». Aus dem Putsch wird eine Revolution – die Nelkenrevolution. Sie markiert das Ende der Diktatur in Portugal und ebnet den Weg in die Demokratie.

Angefangen hat alles mit einem Lied im Radio. Das Kampflied «Grândola, Vila Morena» des antifaschistischen Liedermachers José Alfonso war im Portugal der frühen 1970er-Jahre verboten. Als es in den frühen Morgenstunden des 25. Aprils 1974 auf dem Sender Rádio Renascença ertönte, war es das Startsignal fürdie Bewegung der Streitkräfte, den Staatsstreich durchzuführen. Unter den Putschisten waren vorwiegend junge Offiziere, die im portugiesischen Kolonialkrieg gedient hatten. Die Beweggründe der jungen Offiziere waren unterschiedlich: Sie wollten nicht mehr als Sündenböcke für die territorialen Verluste Portugals herhalten, sie sahen den Kolonialkrieg als eine verlorene Sache an oder sie solidarisierten sich aus Überzeugung mit antikolonialen Ideen.

Foto: Wikimedia commons

Zur Revolution wurde der Putsch, als sich die portugiesische Bevölkerung in Massen auf die Strasse begab und die Bewegung der Streitkräfte unter Jubel empfing. Die Bilder von Nelken, die von den Bürger*innen in die Gewehrläufe gesteckt wurden, gingen um die Welt und gaben der Nelkenrevolution schliesslich ihren Namen. Ganz so friedlich, wie das häufig dargestellt wird, lief die ganze Sache jedoch nicht ab, sagt der Historiker Andreas Stucki von der Universität Bern: «Das stimmt zwar für die ersten Tage, ein Jahr später im heissen Sommer stand Portugal aber kurz vor einem Bürgerkrieg.» Stucki forscht unter anderem zur portugiesischen und spanischen Kolonialgeschichte.

Das Bild von Portuglas Kolonialgeschichte, das in der Gesellschaft lange Zeit vorherrschte, sei stark geprägt durch die Zeit der Nelkenrevolution, sagt Andreas Stucki. Insbesondere die Präsenz der Militärs in der Übergangsregierung habe zu einer beschönigenden Sichtweise auf die Kolonialzeit geführt. «Die Helden der Nelkenrevolution waren zugleich oft auch Täter in den Kolonien gewesen.»

Dennoch würde Stucki ein positives Fazit ziehen: «Die Nelkenrevolution hat für Portugal die Tür nach Europa aufgestossen. Heute hat Portugal eine stabile Demokratie.» Und nicht zuletzt zeigte die Nelkenrevolution, dass ein autoritäres Regime mit weitgehend freidlichen Mitteln gestürzt werden kann.