492 Opfer von Menschenhandel haben Beratungsstellen im letzten Jahr beraten. Das ist über 50% mehr als noch vor zwei Jahren; das zeigen Zahlen, die die Plattform gegen Menschenhandel gestern präsentierte. Dieses schwere Verbrechen findet zunehmend also auch in der Schweiz statt: In der Gastronomie, im Bausektor, im Erotikgewerbe, in Privathaushalten. Die allermeisten Opfer von Menschenhandel sind weiblich, die Mehrheit von ihnen wird sexuell ausgebeutet. Oft wurde den betroffenen Frauen ein Job in Europa versprochen, erklärt Anna Schmid, Koordinatorin der Plattform Menschenhandel. «Hier angekommen werden die Frauen mit Drohungen und Gewalt gezwungen, in der Prostitution zu arbeiten.» Während 2019 97 Fälle von Menschenhandel zwecks sexueller Ausbeutung identifiziert wurden, waren es letztes Jahr 141 – ein markanter Anstieg. Grund dafür sei wohl auch die Pandemie, meint Anna Schmid: «Wir hören in vielen Geschichten, dass durch die Pandemie die Situation von Betroffenen schwieriger wurde uns sie sich erst dadurch auf die Angebote von Menschenhandel eingelassen haben.»
Neben sexueller Ausbeutung werden Menschen auch zwecks ihrer Arbeitskraft ausgebeutet. Anna Schmid erläutert das Beispiel einer Frau, die von einer Familie als Nanny angestellt wurde. «Sie musste von frühmorgen bis spätabends arbeiten, hatte keine Privatsphäre, musste auf einer Matratze auf dem Boden im Kinderzimmer geschlafen, wurde beleidigt und sexuell genötigt. Ihr wurde zuerst ein bisschen Lohn ausbezahlt, dann wurde ihr das Geld wieder abgenommen – ihr wurde also eigentlich kein Lohn bezahlt.»
Die Plattform Menschenhandel fordert von Bund und Kantone auf zu handeln. «Diese Zunahme an Fällen stellt eine grosse Herausforderung für unsere Beratungsstellen dar – dem muss Rechnung getragen werden», meint Anna Schmid.