Es ist der Fall, der heute fast synonym für die #metoo-Bewegung steht: der Fall Harvey Weinstein. Dem ehemaligen Filmproduzenten werden zahlreiche sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Im Jahr 2020 wurde Weinstein in New York zu 23 Jahren Haft verurteilt. Gestern nun hat New Yorks Oberster Gerichtshof dieses Urteil aufgehoben. Mit einer 4:3-Mehrheit haben die Richter*innen des siebenköpfigen Gremiums einer Berufung Weinsteins stattgegeben. Weinstein habe damals keinen fairen Prozess erhalten, hiess es.
Begründet wurde der Entscheid unter naderem damit, dass beim Prozess sogenannte Molineux-Zeuginnen ausgesagt haben. Zeuginnen also, die Aussagen über frühere, nicht zur Anklage stehende Verbrechen machen. Solche Aussagen sind in der Gerichtspraxis des Bundesstaats New York nur dann zugelassen, wenn damit aufgezeigt werden soll, dass die Taten einem bestimmten Schema folgen und keine Einzelfälle sind. Genau das hatte die Staatsanwaltschaft auch bezweckt.
Auf den Entscheid gab es heftige Kritik von Betroffenen, Interessensgruppen, Jurist*innen und auch einiger der Richter*innen, die gegen die Berufung gestimmt hatten. Es war die Rede von einem Rückschritt und einem verstörenden Trend, die Schuldsprüche im Zusammenhang mit sexueller Gewalt umzustossen. Die Staatsanwaltschaft des Bezirks Manhattan liess in einer Stellungnahme ausserdem verlauten, man werde alles tun, um den Fall erneut vor Gericht zu bringen.
Auf freiem Fuss ist Weinstein aber trotz des aufgehobenen Urteils nicht. Nach dem Urteil in New York wurde er vor zwei Jahren in einem separaten Prozess in Los Angeles erneut verurteilt. Die daraus hervorgehende 16-Jahre-Haftstrafe muss er weiterhin absitzen.