In der Türkei fanden die letzten Wahlen 2018 statt. Die Partei des regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, die AKP, verlor damals zwar einige Prozentpunkte, erhielt aber immer noch fast 43 Prozent der Stimmen. Zusammen mit der rechtsextremen MHP bildete sie eine Regierungskoalition und regiert seither mit autoritärer Hand.
Eigentlich wären im Juni dieses Jahres Wahlen geplant gewesen. Doch im Januar kündigte Erdoğan an, dass die Wahlen bereits im Mai stattfinden sollen. Warum? «Es gibt eine Klausel in der Verfassung, die besagt, dass ein Staatspräsident nicht ein drittes Mal gewählt werden darf. Eine andere besagt, dass er erneut antreten kann, wenn die Wahlen vorgezogen werden», erklärt Hasim Sancar, der für die Grünen im bernischen Grossen Rat sitzt. Sancar war bereits zwei Mal als unabhängiger Beobachter während der Wahlen in der Türkei.
Der 6. Februar veränderte die Ausgangslage erneut. Schwere Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7.8 Punkten auf der Richterskala suchten die Türkei und den Norden Syriens heim. Die Rede ist von über 40’000 Todesopfern, Tausende weitere Menschen werden noch vermisst. Wahlen unter diesen Umständen durchzuführen werde schwierig. Die Infrastruktur in weiten Teilen der Osttürkei ist zerstört. Noch immer gibt es täglich Nachbeben. «Im Moment beschäftigen sich die Menschen vor allem mit ihren Verlusten. Die Wahlen sind nicht ihr Hauptthema», so Sancar.
Bereits machten Gerüchte die Runde, dass die Wahlen nun um ein Jahr verschoben werden sollen, ein wichtiger Vertreter der AKP habe den Vorschlag sogar gegenüber den Medien geäussert. Die Opposition habe sich jedoch sofort dagegengestellt. Wie es nun tatsächlich weitergehe, sei völlig ungewiss, betont Sancar.
