Artikel 261bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches verbietet sowohl die Diskriminierung als auch den Aufruf zu Hass gegen Menschen, die einer ethnischen Minderheit angehören. Bei einer Volksabstimmung am 25. September 1994 wurde die sogenannte Rassismus-Strafnorm mit 54,6 Prozent Ja-Stimmen angenommen, vergangenes Jahr wurde sie erweitert auf Menschen, die lesbisch, schwul oder bisexuell sind.
Vor einigen Tagen veröffentlichte nun die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus eine Analyse der letzten 25 Jahre mit dem Titel Die Rassimussstrafnorm in der Gerichtspraxis, verfasst von Vera Leimgruber. Im Zentrum des Berichts steht also die Rechtsprechung und somit Fragen wie: Wann wird die Strafnorm angewandt und wann nicht? Welche Äusserungen wurden von den Gerichten bestraft, und welche nicht?
Dabei kommt die Analyse unter anderem zum Schluss, dass die Rassismus-Strafnorm fähig sei, auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren. So herrsche mittlerweile zum Beispiel Einigkeit darüber, dass die meisten Webseiten in den Bereich der Öffentlichkeit gezählt werden. «Webseiten, Foren oder Benutzerprofile, die frei zugänglich sind, gelten als öffentlich im Sinne der Strafnorm», erklärt Leimgruber im Interview mit RaBe. Ausserdem sei ihr wichtig festzuhalten, dass die Rassismus-Strafnorm alles andere als ein Maulkorbartikel sei – wie von den Gegner*innen oft argumentiert wird. Die Hürden, wegen eines Verstosses verurteilt zu werden, seien sehr hoch. «Nur schwerwiegende, öffentliche Äusserungen, welche die Menschenwürde verletzen, werden davon erfasst». Wer sich unter Freunden rassistisch äussere, habe nichts zu befürchten, da keine Öffentlichkeit gegeben sei.
Als Grundlage zur Analyse diente die öffentliche Datenbank der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Diese umfasst knapp 1000 Fälle in der Zeit von 1995 bis 2019. 63% aller Fälle endeten mit einer Verurteilung, in den übrigen 37% kam es zu einem Freispruch, einer Einstellung des Verfahrens oder einer Nichtanhandnahme.