Der Zugang zu Psychotherapien wird vereinfacht, das teure Wundermittel Melanin kann neu aus einem Pilz gewonnen werden und unsere Radiobloggerin kreuzt Hausarbeit mit Revolution. Den Podcast zur Sendung gibts hier:
Anordnungsmodell für Psychotherapien
Letzte Woche hat der Bundesrat entschieden: Der Zugang zu Psychotherapien wird verbessert. Neu wird in der Schweiz das sogenannte Anordnungsmodell gelten, das bereits von der Physio bekannt ist. Menschen in einer Krisensituation können ihren Hausarzt aufsuchen, dieser kann dann eine Psychotherapie anordnen, sowohl bei einer psychologischen Psychotherapeutin als auch bei einer Psychiaterin. Die Kosten für die Therapiesitzungen übernimmt die Krankenkasse.
Die beiden Berufe unterscheiden sich im Ausbildungsweg: Eine psychologische Psychotherapeutin kam durch ein Psychologiestudium zu ihrer Arbeit, eine Psychiaterin studierte Medizin. Bis anhin gilt in der Schweiz das sogenannte Delegationsmodell, das heisst, dass die Therapeuten unter ärztlicher Aufsicht arbeiten müssen, der Besuch bei selbstständigen psychologischen Psychotherapeut*innen wird von der Krankenkasse nicht vergütet.
Philipp Thüler, Mediensprecher bei der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen ist erfreut über den Modellwechsel. «Wir haben uns seit Jahrzehnten für das Anordnungsmodell eingesetzt», sagt er im Interview mit RaBe. Dank des Anordnungsmodells werden viel mehr Behandlungsplätze verfügbar sein, Versorgungsengpässe bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen in Krisen- und Notfallsituationen würden so reduziert werden. Bis anhin erhielten unzählige Menschen in der Schweiz keine psychotherapeutische Behandlung, weil ein Mangel an über die Grundversicherung finanzierten Therapieplätzen bestehe. «Psychische Probleme können sich so leicht chronifizieren: Eine leichte Depression kann sich ohne Behandlung stark verschlimmern, so dass für die betroffene Person ein Klinikaufenthalt notwendig wird.» Die Investition in einen besseren Zugang zu Psychotherapien würde sich auch finanziell lohnen, «Einsparung in Höhe von etwa 500 Millionen Franken pro Jahr sind nun möglich, da zum Beispiel Arbeitsausfälle oder Klinikaufenthalte verhindert werden können», so Thüler.
Die revidierte Verordnung tritt erst im Juli 2022 in Kraft. Bis dahin laufen Tarifverhandlungen zwischen Versicherungen und den Verbänden der Psycholog*innen.
Melanin – das schwarze Gold
Das Pigment Melanin ist ein wahres Wundermittel: Es schützt vor UV-Strahlen, wirkt antibakteriell, ist wasserabweisend, hitzebeständig und bindet Schwermetalle. Gleichzeitig ist Melanin aber aktuell um ein Vielfaches teurer als Gold, weil dessen natürliche Gewinnung, bzw. künstliche Herstellung extrem aufwändig und somit auch kostenintensiv ist.
Einer Forschungsgruppe der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa unter der Leitung von Francis Schwarze ist es nun gelungen, grosse Mengen von Melanin relativ einfach herzustellen. Der riesengrosse zwiebelfüssige Hallimasch-Pilz produziert rund 1000-mal so viel Melanin wie andere Pilzarten und ermöglicht, die zahlreichen nützlichen Eigenschaften von Melanin viel breiter zu nutzen.
Aufgrund der Eigenschaft, Schwermetalle zu binden, soll Melanin künftig in Wasserfiltern Verwendung finden. Weil es zudem wasserabweisend ist und vor Pilzbefall schützen kann, soll der Stoff künftig auch in Holzschutzmitteln verwendet werden. Um den Melanin-basierten Holzschutz zu entwickeln, ist die Empa-Forschungsgruppe an einem kürzlich lancierten, interdisziplinären Forschungsprojekt beteiligt. Gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz, dem Historischen Museum Basel und dem Unternehmen SBerger Original Serpents im Kanton Jura will die Empa ein historisches Holzblasinstrument, den Serpentino nachbauen.
«alles»
Es ist Freitag und somit Zeit für unsere akustische Kolumne, den Radioblog. Heute stammt dieser von der Künstlerin und queer-feministischen Aktivistin Mirjam Ayla Zürcher. In ihrem Text «alles» geht es um Care-Arbeit, Hausarbeit und Revolution.