Die türkische Regierungspartei AKP von Präsident Erdoğan hat am vergangenen Sonntag bei den landesweiten Kommunalwahlen eine herbe Niederlage eingefahren. Sie verliert vermutlich gleich mehrere Bürgermeisterämter in den grössten Metropolen des Landes. An ihrem repressiven Vorgehen gegen kurdische Minderheiten ändert dies allerdings wenig.
Erdogans Macht bröckelt
In der Türkei bahnt sich möglicherweise ein politischer Richtungswechsel an. Erdoğan und seine ultrakonservative Regierungspartei AKP stecken in einer Krise, die nicht von ungefähr kommt. Die Regierung sieht sich derzeit mit viel Kritik konfrontiert, da in der Türkei seit Monaten eine Wirtschaftskrise mit Inflation und stark gestiegenen Lebensmittelpreisen herrscht. Erdoğan und seine AKP drohen an ihrer eigenen Macht zu ersticken. Davon profitiert hat die Oppositionspartei CHP, die als grosse Siegerin aus den vergangenen Kommunalwahlen hervorging und gleich in mehreren Metropolen das Bürgermeisteramt erobern konnte. So etwa in Ankara, Izmir und vermutlich sogar in der Heimatstadt des Präsidenten: Istanbul. Grund für das unerwartete Erstarken der CHP ist nicht zuletzt auch die Tatsache, dass sich die pro-kurdische HDP aus den Metropolen und weiten Landesteilen zurückgezogen hat, um der CHP die entsprechenden Wahlsiege zu ermöglichen. Eine Rechnung, die allem Anschein nach aufging.
Anhaltende Welle der Repression
Fest steht, die Kommunalwahlen in der Türkei galten als Stimmungstest für Präsident Erdogan und seine AKP. Und diese Stimmung scheint sich nun ausgerechnet in den wichtigen Metropolen gegen ihn zu richten. Es ist daher denkbar, dass die Niederlage der AKP zu einer Niederlage mit Symbolkraft werden könnte. Präsident Erdogan selbst will davon nichts wissen, seiner Ansicht nach gibt es landesweit nur eine Siegerin – nämlich seine AKP. Kritik an seiner Partei und ihrer politischen Ausrichtung versucht der türkische Machthaber bereits im Keim zu ersticken. Ein besonders grosser Dorn im Auge ist ihm dabei die pro-kurdische Oppositionspartei HDP. Zwar hat sich die HDP zugunsten der Siegerpartei CHP aus dem Landesinneren zurückgezogen – doch die Regierung hält an ihrem repressiven Vorgehen gegen die HDP fest. Im Vorfeld der Kommunalwahlen rollte die staatliche Terrorwelle gegen die kurdische Opposition wie gewohnt. Hunderte von Politikerinnen und Politikern wurden festgenommen, inhaftiert und teilweise im Eilverfahren zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Dem türkischen Machthaber sind alle Mittel recht, die dabei helfen die pro-kurdische Partei HDP systematisch zu schwächen. Ausserdem besteht einmal mehr der Verdacht, dass die Regierungspartei AKP Wahlergebnisse in ihrem Sinn manipuliert oder gar gefälscht hat.
HDP setzt auf WahlbeobachterInnen
Für die kommunalen Wahlen vom vergangenen Sonntag hat die HDP daher bereits im Vorfeld Massnahmen ergriffen. Gleich aus mehreren Ländern wurden unabhängige WahlbeobachterInnen eingeladen, die sich vor Ort selbst ein Bild der Repression machen sollten. Darunter vertreten war auch eine Schweizerische Delegation bestehend aus den drei Wahlbeobachterinnen Daniela, Pia und Bea (Ihre vollständigen Namen können an der Stelle aus Schutzgründen nicht genannt werden). Im Vorfeld der Sendung sprach Radio RaBe mit ihnen über die Situation im kurdisch geprägten Süden der Türkei und ihre Beobachtungen während den kommunalen Wahlen.