Wir sprechen über die Zunahme von Menschenhandel in der Schweiz, die Rettung des Gosteli-Archives und die Arbeit der Mütter- und Väterberatung im Lockdown.Den Podcast gibts hier:
Immer mehr registrierte Fälle von Menschenhandel
Noch nie gab es in der Schweiz so viele gemeldete Fälle von Menschenhandel wie im vergangenen Jahr. Zu diesem Schluss kommt die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ in ihrem frisch veröffentlichten Jahresbericht.
Insgesamt registrierte die Fachstelle 255 Fälle in 14 Kantonen. Im Jahr 2018 waren es rund 30 weniger gewesen. Bei einem Grossteil der registrierten Fälle handelt es sich um Frauen, die im Sexgewerbe ausgebeutet wurden. Doch auch der Handel zwecks Ausbeutung als Arbeitskraft nahm zu: 32 Opfer wurden hauptsächlich in Privathaushalten oder im Gastgewerbe ausgenutzt. Mehr als ein Drittel der Opfer sind geflüchtete Frauen, wovon die meisten aus Nigeria, Ungarn, Afghanistan, Brasilien, Eritrea, Äthiopien, Rumänien und aus 40 weiteren Ländern stammen.
Sie wurden allesamt Opfer von Menschenhandel und suchten in der Schweiz Schutz, wo ihnen jedoch viele Hürden im Weg stehen, wenn es um rechtliche Fragen geht. Die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ hilft ihnen dabei diese Hürden abzubauen. «Dadurch kann beispielsweise verhindert werden, dass geflüchtet Personen wieder in diejenigen Länder oder Dublin-Staaten zurückgeschafft werden, in denen sie ausgebeutet wurden», erklärt Doro Winkler, Medienverantwortliche der FIZ, im Gespräch mit Radio RaBe.
«Rettet das Gosteli-Archiv!»
Das Archiv zur Geschichte der Schweizerischen Frauenbewegung steckt in grosser finanzieller Not. Die Gründerin Marthe Gosteli hatte es 1982 in ihrem Elternhaus in Worblaufen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, manche Dokumente sind aber weit über 100 Jahre alt. Ihr privates Vermögen steckte Gosteli in die Trägerstiftung, voraussichtlich nächstes Jahr geht dieser nun aber das Geld aus.
Da die Schweizer Frauen lange Zeit keine politischen Rechte besassen, fand ihr Engagement ausserhalb der institutionellen Politik statt. Und somit auch ausserhalb des Archivierungsauftrags des Bundesarchivs. Verschwindet die Sammlung, dann verschwindet auch ein wichtiger Teil der Schweizer Geschichte.
Eigentlich könnte das Archiv auf die Unterstützung der öffentlichen Hand zählen: Das Schweizer Parlament hat schon fünf Postulate in diesem Zusammenhang angenommen, ebenso hat die zuständige Nationalrätliche Kommission eine Motion eingereicht. Doch der demokratische Weg ist lang, erst wenn mehrere Expert*innen-Gremien zugestimmt haben, wird der Bundesrat sich mit dem Thema auseinandersetzen.
Um das Archiv zu retten haben fünf Wissenschaftlerinnen eine Petition gestartet. Eine davon, Historikerin Sonja Matter, welche am historischen Institut der Uni Bern u.a. zur Geschlechtergeschichte forscht, spricht im Interview unter anderem über die Wichtigkeit der Gosteli-Archivs.
Mehrfachbelastung bei Eltern durch den Lockdown
Schwierige Situationen, Überforderung, ungekärte Fragen – Auch Eltern sind Menschen. Sie, die ein sicherer Hafen für die Kinder sein sollen, haben es gerade jetzt während dem Lockdown manchmal schwierig. Um den Familienalltag zu erleichtern, versucht die Mütter- und Väterberatung zu helfen, durch einen Hausbesuch oder zurzeit häufig auch am Telefon. Wir haben mit einer Elternberaterin aus Bern, Rita Moor, über aktuelle Herausforderungen gesprochen. Die Sorgen und Ängste seihen weitgehend die gleichen geblieben wie vor dem Lockdown. Schwierig sei vor allem die Doppelrolle von berufstätigen Eltern. Was sonst auch schon eine grosse Herausforderung sei, zeige sich nun stärker, weil sowohl Homeoffice wie auch Betreuung gleichzeitig stattfinden soll. Gerade Eltern von Neugeborenen fühlten sich Zuhause alleingelassen, weil sie keinen Besuch empfangen sollten. Mütter schildern den Spitalaufenthalt nach der Geburt jedoch sehr entspannt, das Stillen falle einfacher ohne Hektik auf der Neugeborenenstation.