Rund 10 000 gehörlose Menschen in der Schweiz haben als Muttersprache eine Gebärdensprache. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern ist die Gebärdensprache hierzulande jedoch rechtlich nicht anerkannt.
Geht es nach dem Willen des Bundesrates, soll dies auch so bleiben, obwohl Gehörlosen-Organisationen die offizielle Anerkennung seit vielen Jahren fordern.
In der Schweiz gibt es drei unterschiedliche Gebärdensprachen in den sprachlichen Landesteilen, mit jeweils regionalen Dialekten. Im Zuge einer rechtlichen Anerkennung würden diese drei Sprachen neben Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch als offizielle Sprachen auf Gesetzes- oder Verfassungsebene verankert. Nur so kann gemäss Gehörlosen-Organisationen der volle Zugang und die volle Inklusion von gehörlosen Menschen längerfristig gewährleistet werden.
Ein jüngerer, vom Bundesrat in Auftrag gegebener Bericht befasst sich zwar eingehend mit der Frage der rechtlichen Anerkennung, weiterverfolgen will der Bundesrat diese Frage jedoch nicht.
Stattdessen will er andere Wege ausloten, um die Teilhabe von gehörlosen Menschen zu verbessern und hat dazu umfassende Gesprächsrunden lanciert. Gestern fand das erste Treffen zwischen Vertreter*innen von Bund, Kantonen und Gehörlosen-Organisationen statt.
Im Zentrum der Gespräche stehen Verbesserungsmöglichkeiten in sechs Themenfeldern, wie Zugang zur Gesundheitsversorgung oder zu öffentlichen Informationen des Bundes.
Grossen Handlungsbedarf wird auch beim Zugang zu Dolmetscherdiensten und der Förderung der bilingualen Bildung verortet, so dass gehörlose Kinder und Jugendliche gleichzeitig und gleichberechtigt die Laut- und die Gebärdensprache erlernen können.
Beide Punkte seien sehr wichtig, um die Kommunikation zu ermöglichen und die Inklusion sicherzustellen, bekräftigt André Marty, Verantwortlicher Public Affairs beim Schweizerischen Gehörlosenbund. Dabei müsse insbesondere der Bereich der Bildung in Gebärdensprache noch stark ausgebaut werden.
Gemäss Marty war die gestrige Sitzung ein guter Start in die Dialogrunde. Es sei jedoch wichtig, nicht in ewigen Gesprächen zu verharren. Die Probleme lägen auf dem Tisch, der bundesrätliche Bericht habe eine gute Grundlage gelegt und es brauche nun möglichst schnell konkrete Lösungsvorschläge, so Marty.